Ebenso wie in Deutschland steht auch in Frankreich das Kulturleben weitgehend still. Kinos, Konzertsäle und Theater sind geschlossen. In einem offenen Brief haben sich vergangene Woche Hunderte von Künstlerinnen und Künstlern, darunter Stars wie Catherine Deneuve und Juliette Binoche, in einem dramatischen Appell an Staatspräsident Emmanuel Macron gewandt. Sie haben sich als die “Vergessenen der Pandemie” bezeichnet und vom Präsidenten verlangt, er solle das wieder gutmachen.
Nun hat Macron seine Pläne für die Rettung der Kultur vorgestellt. Mit hochgekrempelten Hemdärmeln und mit der für ihn typischen Dynamik wurde er dabei erstaunlich konkret. So sagte er den freien Künstlerinnen und Künstlern die Fortsetzung ihrer Arbeitslosenversicherung zu, auch wenn sie die Mindeststundenzahl an geleisteter Arbeit nicht erreichen. Selbständige Autoren und Autorinnen müssen für vier Monate keine Sozialabgaben leisten, und für wegen der Krise nicht realisierte Filmproduktionen wird ein Nothilfefonds gegründet. Macron appellierte aber auch an die gesamte Branche, sie solle sich “neu erfinden” und schlug u. a. vor, dass arbeitslose Künstlerinnen und Künstler in den kommenden Wochen bei der schrittweisen Wiederaufnahme des Schulunterrichts eingesetzt werden könnten. Erste Reaktionen aus der Kulturszene bescheinigen Macron, Kultur glaubhaft zur Chefsache gemacht zu haben.
Hierzulande fragt man sich, wann die Kulturschaffenden endlich ihren Termin im Kanzleramt oder wenigstens im Schloss Bellevue, und – Kultur ist ja Sache der Länder – in den Landeshauptstädten bekommen. Wo ist die große konzertierte “Aktion Kultur” in gemeinsamer Anstrengung, als Reaktion auf die unmittelbare Gefahr, dass zahlreiche Kultureinrichtungen die Krise ohne staatliche Hilfe nicht überleben werden? Der Schauspieler Ulrich Matthes hat letzten Montag bei “Hart aber fair” zu Recht eine Bestandsgarantie für Theater gefordert, leidenschaftlich und beinahe mit dem Mute der Verzweiflung. Auf diese Weise müssten sich viel, sehr viel mehr Kulturschaffende zu Wort melden! Wo bleibt der Sternmarsch Richtung Berlin und in sämtliche Landeshauptstädte? Wir dürfen unter keinen Umständen zulassen, dass es im Kunst- und Kulturleben zu irreparablen Folgeschäden bis hin zum Exitus zahlreicher Anbieter kommt! Es geht um die Erhaltung von Kulturorten und darum, dass Künstlerinnen und Künstler weiter ihren Beruf ausüben können, am besten mit einem breit angelegten, zukunftssichernden Förderfonds. Auch in Deutschland muss Kultur endlich zur Chefsache werden!