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Wetzlarer Neue Zeitung, 1. Februar 2019

Musiker erzählen Geschichten
“Jazz Report” in der Stadtbibliothek

Von Andreas Müller

WETZLAR. Mit “Jazz ohne Grenzen” war das dritte Konzert der Improvisationstage überschrieben. Für einen coolen Nachmittag in der Stadtbibliothek hatte Thomas Sander “Jazz Report” aus Wiesbaden eingeladen. Etwa 60 Jazzfreunde waren gekommen. Sängerin Yasmin Sidibe, Andreas Goller (Trompete), Simon Hampe (Keyboards), Bernhard Rosenberger (Bass) und Jonas Depenbrock am Schlagzeug begeisterten mit einer Palette von “Swing zu Funk, Ton- und Wortspielen”, so die Ankündigung.

Nach der Begrüßung durch Karin Böttcher, stellvertretende Leiterin der Bibliothek, mit einem Gedicht über Musik (so kam die Literatur zum Zuge), eröffnet das Quintett mit dem locker swingenden “All of me”, gefolgt von der ersten coolen Nummer, “My baby just cares for me”. Yasmin Sidibes wohlklingende, dunkel gefärbte Stimme ist betörend, cool Depenbrocks Schlagzeugstil. Er zeigt ein unglaublich nuancenreiches Spiel, das deutlich mehr ist als Rhythmus. Ständig wechselt er sein Schlagmuster, spielt mal mit Besen, bei “Blue Bossa” mit bloßen Händen. Eine Freude, ihn nicht nur zu hören, sondern ihm auch zuzuschauen. Bei Oscar Petersons “C-Jam Blues” groovet es, dass es eine Wonne ist. Alle Instrumentalisten warten mit schönen Soli auf. Die Band verbreitet gute Laune beim Publikum.

Bassist Rosenberger führt charmant durch das Programm und stellt die Frage in den Raum, was eigentlich Improvisation ist. Für ihn bedeutet das die Seele des Jazz: “Je einfacher ein musikalisches Grundgerüst ist, umso freier kann man improvisieren.” Für Sidibe bedeutet Improvisation, eine Geschichte zu erzählen. “Jeder hat seine eigene Art, sich auszudrücken.” Keyboarder Hampe meint scherzhaft, für ihn sei schon Improvisation, die Frage nach der Definition zu beantworten, und für Schlagzeuger Depenbrock ist es die Idee, etwas Wichtiges weiterzugeben. Passend klingelt exakt bei einer Bassimprovisation in Miles Davis’ “So what” ein Handy.

Verführerisch wirkt Sidibes Interpretation von Ellingtons “In a sentimental mood”. Einen Stilwechsel vollziehen die Musiker mit Amy Winehouses “Rehab”. Es folgen Klassiker wie Gershwins “Summertime” und “Mackie Messer”. Mit Diana Kralls sehr gefühlvollem “Cry me a river” endet ein begeisterndes Konzert. “Jazz Report” dankt für den sehr herzlichen Applaus mit Hancocks “Watermelon man” und entlässt das Publikum dann mit “Night and day” in den Abend.