Der künstlerische Leiter der Göttinger Händel-Festspiele, Laurence Cummings, meinte kürzlich in einem Interview, dass die barocke Da-Capo-Arie mit der Wiederholung ihres A-Teils heutzutage für den Konzertbetrieb kein Problem mehr darstellt. Wir wüssten mittlerweile viel mehr über Verzierungen als früher, und damit seien Wiederholungen jetzt aufregender, so seine Schlussfolgerung. Darüber hinaus, so ein weiterer Gedanke Cummings’, konzentrierten sich die heutigen Barockorchester darauf, bestimmte Aufführungsbedingungen wieder herzustellen, und möglicherweise würde das Publikum genau das lieben – eine Zeitreise, eine Verbindung zur Vergangenheit.
Das mag ja alles sein. Trotzdem ist etwas anderes entscheidend: Es gab zu allen Zeiten gute und schlechte Musik – und ebenso aufregende oder langweilige Gestaltungen und Interpretationen. Nicht nur Barockmusik wurde und wird viel zu häufig uninspiriert und anämisch gespielt, für Musik aller anderen Epochen gilt dies ebenso. Und wer als Konsument tatsächlich so weit geht, beim Kartoffelschälen Mozart, Brahms oder Debussy zu hören, der sollte sich mit B- oder C-Ware bescheiden. Anders geht es auch nicht! Wird die Musik nämlich aufregend, begeisternd, packend, ja verstörend gespielt, dann muss die Suppe verbrennen. So ähnlich hat es Nikolaus Harnoncourt einmal gesagt. Und noch etwas: Es geht gerade in der Barockmusik nicht zuallererst um Töne, um irgendeine technische Brillanz, um neue oder alte Instrumente, sondern darum, dass die Interpreten diejenigen sind, die den kompositorischen Schaffensprozess zum Abschluss bringen. Ohne Fantasie keine Schönheit, ohne Kreativität keine Kunst.