Vor ein paar Tagen haben wir “La Valse” besprochen – Maurice Ravels gnadenlose Zerstörung musikalischer Walzerseligkeit, Abbild des Desaströsen und fratzenhaftes, verzerrtes Aufblitzen ehemals heller und glänzender, jetzt finster und morbide erscheinender Farben. Vor dem Hintergrund der Bilder des Ersten Weltkrieges hören wir zahlreiche Vorahnungen der unaufhaltsamen Katastrophe – mit verschwimmenden Rhythmen und Harmonien, schmerzenden Dissonanzen und verstörenden Klangfarben. Das ganze Stück wirkt wie ein Albtraum, wie eine unkontrollierbare Zugfahrt, der wir nicht entrinnen können. Wie der Dirigent Stéphane Denève sagt, klingen Klarinetten, Celli und Kontrabässe “wie Erbrochenes, wirklich furchtbar”.
Die Berliner Philharmoniker haben das Werk beim Silvesterkonzert 2015 unter der Leitung von Sir Simon Rattle aufgeführt. Gut, niemand hat bisher die Qualität der New Yorker Philharmoniker unter Pierre Boulez erreicht (unbedingt die Aufnahme aus den 70er Jahren kaufen!), doch hätten wir uns trotzdem insbesondere das Brachiale, das Eruptive eindringlicher, schroffer, mutiger gewünscht. Nun, jedenfalls wurde das Konzert auf arte live übertragen und von Annette Gerlach moderiert. Während die Homepage des Senders das Stück zutreffend als “Walzer-Taumel, der am Ende vollends aus den Fugen gerät” charakterisiert, meinte Frau Gerlach sinngemäß “herrliche Walzer- und Champagnerklänge” zu vernehmen. Jemand hätte ihr das Stück vorher erklären sollen. In unserem Kurs sind noch Plätze frei.