In einem seiner letzten Interviews sprach Roger Willemsen auch über Paarbeziehungen und unterschied dabei deduktive von induktiven Herangehensweisen. Viele Menschen, so sagte er sinngemäß, pflegen einen deduktiven Zugang in der Weise, dass sie genaue Vorstellungen hinsichtlich einer Beziehung haben und sich danach den Partner aussuchen. Er selber dagegen könne nur induktiv vorgehen und zunächst einen Partner finden, um anschließend zu sehen, was mit diesem in welcher Form zusammen möglich ist.
Das erinnerte mich sofort an Robert Carsens Pariser Tannhäuser-Inszenierung. Darin läuft der tragische Held während der ganzen Zeit mit einem fertigen Rahmen durch die Welt und sucht dazu das passende Bild. Er könnte sich viel Kummer ersparen, wenn er zunächst das Bild finden würde, für das er sich entscheiden will. Anschließend könnte er sich in Ruhe überlegen, welcher Rahmen dazu passen könnte, ja ob sein Bild überhaupt gerahmt werden muss oder soll. Machen wir also uns und andere nicht unglücklich durch das Festhalten an alten Rahmen und Begrenzungen! Überprüfen wir unsere eigenen Denkmuster, dann können wir mit George Bernard Shaw sagen: “Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Jedesmal nimmt er neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Annahme, sie würden noch auf mich passen.”