Da war sie wieder, die Erkenntnis, dass Oper nichts Künstliches, Fremdes, Entlegenes, Unwirkliches ist – nein, sie hat unmittelbar und auf sehr berührende Weise mit uns und unserem Leben zu tun! Nach Ausschnitten aus “La Traviata” und “Rigoletto” sitzen Kursteilnehmer/-innen sprachlos da, beeindruckt, bewegt. Natürlich wegen Netrebko und Villazón, wegen Deckers Inszenierung, wegen Rizzis Tempi, wegen Verdi sowieso. Wir wissen, es ist große Kunst, und wir genießen sie. Aber das ist nicht das Eigentliche, das Wesentliche. Wir spüren mit unvermuteter Intensität, dass hier unsere ureigenen Fragen gestellt werden. Das, was uns bewegt, was uns umtreibt. Etwas, dem wir uns stellen müssen, das uns zu Positionierung, nein, zu Haltung zwingt. Was ist unser Credo? Und in welchem Leben wollen wir ihm folgen, wenn nicht in diesem? Wir könnten, wenn wir denn wollten, ganz andere Saiten aufziehen! Und die, welche da jetzt so wundersam klingen und unsere Herzen erfüllen, diese ehedem verschüttet und verstimmt geglaubten Saiten, sie weisen uns den Weg.