Zurück aus Antwerpen, wo ich in der Vlaamse Opera zusammen mit einem Freund eine schöne Aufführung von Mozarts La clemenza di Tito gesehen habe. Zwar ist die Inszenierung von Michael Hampe unauffällig und sehr artig, doch die Musik gleicht viele Belanglosigkeiten mühelos aus. Stefano Montanari ist allerdings ein Dirigent, an dem sich die Geister durchaus scheiden können. Schon sein Äußeres ist unkonventionell, ja provokant: Kahlgeschoren und beohrringt, Kapuzenshirt, Lederhose, Stiefel. Ebenso sportlich ist sein Tempo in der Ouvertüre, genau wie in manchen Arien und Chören. Nein, seien wir ehrlich: Die Tempi sind zuweilen abenteuerlich überzogen, so dass rhythmische Feinheiten nicht mehr wahrnehmbar sind. Das ist schade, denn der Maestro hat fraglos das Zeug zu sensiblem Musizieren, was er an anderen Stellen eindrucksvoll zeigt.

Lothar Odinius (Tito) ist leider kein Mozart-Sänger. Er hat ein paar schöne Passagen, ja, doch ihm fehlt die Leichtigkeit. Die Koloraturen sind unscharf, in der Höhe singt er mit zuviel Kompression. Ganz anders die Frauen: Agneta Eichenholz (Vitellia), Cecilia Molinari (Annio) und Anat Edri (Servilia) überzeugen mit Ausstrahlung und sängerischem Glanz. Anna Goryachova (Sesto) ist eine Mezzosopranistin der Sonderklasse. Ihre Stimme ist flexibel und trifft jeden Affekt, extrem ausdrucksstark und gestaltungssicher. Die Stimme erinnert ein wenig an die junge Teresa Berganza, ihre Bühnenpräsenz ist außerordentlich.

Im ersten Halbjahr 2019 singt Anna Goryachova in London (Tschaikowsky, Pique Dame), Berlin (Prokofjew, Die Verlobung im Kloster) und Zürich (Bellini, Norma). Schöne Stücke, schöne Städte. Schöne Pläne!