Ich war siebzehn Jahre alt, als ich meine erste Wagner-Oper hörte. Ein Freund nahm mich mit in eine Vorstellung von Lohengrin an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf. Das war etwas vollkommen Neues für mich, der ich zuvor nur Opern von Cavalli, Händel, Mozart, Lortzing und Rossini gesehen hatte. Nun also Wagner, ich war sehr gespannt. Und mit welcher Wucht schlug dieses Werk ein! Ich war fasziniert von der Musik, natürlich sofort von diesem unglaublichen Vorspiel zum 1. Akt, das ja die ganze Handlung musikalisch zusammenfasst, extrem komprimiert und inhaltlich proportional zur gesamten Spieldauer der Oper. Begeistert war ich von den Sängern, dem Bühnenbild, dem Orchester mit seinen Blechbläsern, die ich noch nie auf diese Weise spielen gehört hatte.

Meine Eltern bekamen damals regelmäßig Besuch von einem passionierten Opernliebhaber. Er versorgte über Jahre die ganze Familie mit Opernquerschnitten, Sängerportaits, Messen, Kantaten etc., alles auf Langspielplatten und Musikkassetten. Am jenem Nachmittag, als ich Lohengrin sah, war er wieder einmal zu Gast und bemerkte meine Abwesenheit. “Thomas ist in Düsseldorf und sieht sich Lohengrin an”, sagten meine Eltern. “Wenn er wiederkommt, ist er Wagner-Fan”, so die Antwort. Genauso war’s und hielt auch eine Weile lang an.

Wir haben in dieser Woche im Opernkurs die Aufnahme aus der Bayerischen Staatsoper von 2009 gesehen (Bayerisches Staatsorchester, Nagano; Kaufmann, Harteros, Koch, Schuster, Fischesser). Natürlich bin ich bei Lohengrin sozusagen prädisponiert, aber wer bei diesem Stück unbeeindruckt bleibt (lassen wir ein paar Unverständlichkeiten der Inszenierung beiseite), dem hilft auch keine andere Wagner-Oper. Ein grandioses Erlebnis, mein lieber Schwan!

Lohengrin