Leonardo DiCaprio hat seinen ersten Oscar gewonnen. Endlich, und vor dem Hintergrund seiner Glanzleistungen in diversen Filmen (Gilbert Grape, Titanic, The Departed, Aviator, The Wolf of Wall Street, The Great Gatsby, um nur einige zu nennen) absolut berechtigt. Der Film, für den er die begehrte Auszeichnung jetzt erhielt (The Revenant), gibt diese zwar eigentlich nicht her, aber so ist das im Leben. Dinge passieren spät, bisweilen zu spät, und nur selten ohne Grund. DiCaprio ist jetzt 41, die Filmwelt durfte also davon ausgehen, dass er nicht auf ewig leer ausgehen würde (es gibt prominente Beispiele, ich weiß). Trotzdem haftet diesem Oscar jetzt der Beigeschmack des Versäumten, ja der Ausdruck des Schuldbewussten an. Im Fußball wäre das ein unberechtigter Strafstoß nach zahllosen nicht geahndeten Fouls, eine gewissenhafte Konzessionsentscheidung, die den Anlass gesucht hat und wusste, dass es ihn geben wird. Der Ausgezeichnete wird sich dennoch freuen. Er hat den Preis mehr als verdient, nicht ausgerechnet jetzt, sondern schon längst, und das bei weitem nicht nur, wie David Hugendick auf Zeit online schreibt, weil keiner “so innerlich verwahrlost in eine leere Milchflasche pinkeln” kann wie er. Das ist launig geschrieben, aber verstellt den Blick. Leonardo DiCaprio ist ein sehr wandlungsfähiger, großartiger Charakterdarsteller. Und könnte der Oscar sich seine Akteure aussuchen, wäre die Wartezeit wohl deutlich kürzer ausgefallen.

Leonardo DiCaprio