Seit Tagen beschäftigt mich ein Stück, das so unverwechselbar, so apart und einzigartig klingt wie nur ganz wenige: Strawinskys letzte Ballett-Komposition Agon. Das Werk entstand über einen Zeitraum von drei Jahren (1954–1957) und hat eine Gesamtspielzeit von zwanzig Minuten. Die Klangsprache ist elegant, höfisch und zuweilen unterkühlt manieriert. Es kommen verschiedene Kompositionsverfahren zum Einsatz, modale und serielle Techniken sind auf einzigartige Weise miteinander vereint. Bei der Konstruktion seines Werkes stützte sich Strawinsky nachweislich auf ein französisches Tanzlehrbuch aus der Mitte des 17. Jahrhunderts. Der formalen An­lage nach ist Agon zudem eine Suite, die ihr äußerliches Vorbild ebenfalls im 17. Jahrhundert findet.

Agon erregte im Jahr 1957 in New York großes Aufsehen, das Stück wurde als revolutionär empfunden. Die Ballettkritikerin Arlene Croce von der Zeitschrift “New Yorker” meinte, sie habe nach der Aufführung des Agon eine ganze Woche nicht schlafen können.

Der choreografische Inhalt des Stückes ist ohne jede inhaltliche Vorgabe, die Komposition ohne jeden Gedanken an ein Bühnenbild oder eine Szenerie. Eine visuelle Ausführung soll ganz der Inter­pretation des Choreographen überlassen bleiben. Wie schön, wenn unsere Gedanken frei sind und wir dem Geschehen einen, nein unseren Sinn geben können….

Stuttgart Ballett