“Warum ist die Kuh grün, und warum fliegt das Pferd in den Himmel”, fragten die Genossen. “Was hat das mit Marx und Lenin zu tun?”

An diese Fragen erinnert sich Marc Chagall (1887 – 1985) in seinen schriftlich festgehaltenen Eindrücken der ersten Lebensabschnitte bis 1922. Wenn wir für einen Moment die letzte Frage beiseite lassen, wenn wir also nicht darüber sinnieren wollen, was Politik von Kunst erwartet oder verlangt, bleibt für Kunst- und Kulturpädagogen immer noch ein beinahe nicht zu bestellendes Feld übrig. Es will aufwändig beackert werden, gegen Wahrnehmungs-, Gewohnheits- und Fantasieblockaden, damit vielleicht auf ihm eines Tages ein paar Früchte geerntet werden können. Es ist ein unsicherer Wechsel auf die Zukunft, und nicht selten hat er mehr mit Glauben zu tun als mit Verstehen oder Empfinden. Warum ist die Kuh grün, und warum fliegt das Pferd in den Himmel? Damit du darüber nachdenkst, mein Kind, und damit dir vielleicht noch weitere Fragen kommen.

“Gott, die Perspektive, die Farbe, die Bibel, Form und Linien, Traditionen und das, was man ‚das Menschliche‘ nennt – Liebe, Geborgenheit, Familie, Schule, Erziehung, […] all das ist aus den Fugen gegangen. Vielleicht war auch ich mitunter von Zweifeln besessen, und dann malte ich eine umgestülpte Welt, ich trennte die Köpfe meiner Figuren ab, zerlegte sie in Stücke und ließ sie irgendwo im Raum meiner Bilder schweben.“