Oper am Vormittag: Boulevard Solitude von Hans Werner Henze (1952). Es handelt sich, so schreibt Klaus Ulrich Spiegel auf seiner website, um den “Manon-Stoff als desillusionierendes Großstadt-Drama”. Mag sein, dass in Henzes Werk die Romantik geschwunden ist, anders als in den Stücken von Puccini oder Massenet. Sicher ist, dass der Transfer in die Moderne nicht folgenlos bleibt – auf das im Original geschilderte, tragische Sterben Manons wird verzichtet. Im letzten Bild geht die Schöne als verurteilte Mörderin im Zuchthaus stumm an ihrem ehemaligen Liebhaber Des Grieux vorüber, so als hätte es niemals einen gemeinsamen Herzschlag gegeben. Sieben Bilder – mehr Darstellungen von Situationen und Figuren als typische Handlungsabfolge – in einer Mischform aus Gesang, Instrumentalmusik, Tanz und Pantomime, mit traditionellen Elementen der Oper wie Arien und Duetten, aber auch mit Einflüssen des Jazz und avantgardistischen Elementen. Ein im Wortsinne “starkes Stück”, auch heute noch, über sechzig Jahre nach seiner Uraufführung.