Gestern nach dem Abendessen erzählt mein Sohn John, dass er sich wieder mal den Faust mit Gründgens angeschaut hat. Er ist sowohl vom Stück als auch von der großartigen Darstellung des Mephisto durch Gründgens tief beeindruckt, was mich sehr freut. Ich sage, dass die Semperoper Dresden gerade Faust/Margarethe von Gounod spielt und frage, ob er nicht Lust hat sich das anzusehen. Tatsächlich ist er nicht abgeneigt. Daraufhin fragt Emily, meine Tochter, worum es im Faust eigentlich geht.
“Faust verkauft seine Seele an Mephisto”, beginne ich meine Erläuterung. “Er ist getrieben von einer unstillbaren Gier nach Leben, er will Jugend und Liebeslust zurück, er … -”
“Also so’ n Fantasy-Scheiß”, sagt Emily.
“So haben Goethes Zeitgenossen es vielleicht verstanden”, meint John und lacht.
“Fantasy-Scheiß würde ich nicht sagen”, sage ich kleinlaut. Emily grinst.
Die Gretchenfrage? Nein, lieber nicht.