Könnte ich auf die berüchtigte einsame Insel nur ein einziges Klavierkonzert mitnehmen, würde ich ohne zu überlegen das von Schumann wählen. Ich weiß, dass Mozart, Chopin, Brahms und Tschaikowsky grandiose Solokonzerte geschrieben haben, ich weiß es wirklich, beruhigt euch! Trotzdem ist das Schumann-Konzert sozusagen “dasjenige welche”, und zwar wegen der “Bauchstelle” im dritten Satz. Die Stelle – eine Sequenz mit Vorhaltsbildungen, erst in Dur, dann in Moll, nach Dreiklangsbrechungen im Klavier – kommt zweimal vor, jeweils doppelt, also viermal insgesamt. Regelmäßig, wie auf Bestellung und verblüffend zuverlässig reagiert mein Bauch bei dieser Stelle. So, als würde der sehnlichst erwartete Anruf kommen oder als stünde die Angebetete plötzlich vor der Tür. Das Verrückte ist, dass es immer funktioniert, wirklich immer. Unter einer Voraussetzung: Es muss die Aufnahme mit Géza Anda und den Berliner Philharmonikern unter Rafael Kubelík sein (1964). Sonst klappt es nicht. Bei niemandem. Nicht bei Perahia, nicht bei Zimerman, nicht bei Brendel, nicht bei Argerich. Es klappt nur mit Géza Anda. Das ist einfach unverwechselbar und unvergleichlich! Bei den anderen ist es so, als würde man mit einer klugen, attraktiven und charmanten Frau zum Essen ausgehen und hinterher sagen, dass es ein schöner Abend war. Bei Géza Anda – um im Bild zu bleiben – haben die Götter den Tisch gedeckt, das Menu ist überwältigend. Und die Herzdame verspricht Genüsse jenseits der Kulinarik.