Heute beginnen wir mit einem neuen Filmmusik-Seminar, das bis zu den Sommerferien laufen wird, ggf. auch länger. Wir wollen uns mit einigen Kompositionstechniken vertraut machen, den Einsatz von Instrumenten oder Instrumentengruppen untersuchen (gelten eigentlich immer die gleichen Regeln für Krimis, Western, Liebesfilme, Sozialdramen etc.? – natürlich nicht!), klangliche Vorbilder zum Vergleich heranziehen (besonders die Freunde von Wagner, Debussy und Strawinsky kommen hier auf ihre Kosten) und uns im weiteren Sinne mit der Frage beschäftigen, welche Funktionen Filmmusik hat und welche Wirkungen sie erzeugen kann.

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Standesgemäß beginnen wir mit Psycho (USA 1960). Eine der Fragen wird sein, warum Hitchcock den Mord unter der Dusche ausgerechnet mit brutaler Begleitung der Streicher gedreht hat, wo diese doch üblicherweise den Verliebten zu Hilfe kommen. Hier schon mal die Auflösung für die, die heute nicht kommen können: Hitchcock wollte die Szene ursprünglich ganz ohne Musik drehen, aber Komponist Bernard Herrmann konnte ihn von den Streichern überzeugen (oder überreden). Wir wissen, dass Hitchcock in einem seiner früheren Filme einmal eine Szene drehte, in der ein Rettungsboot auf hoher See treibt. Hitchcock wollte die Szene völlig ohne Musik drehen und stellte die rhetorische Frage, wo denn um Himmels willen die Musik mitten auf dem Ozean herkäme. Komponist David Raksin war um eine Antwort nicht verlegen: “Fragen Sie Hitchcock, woher die Kamera kommt, und ich sage ihm dann, woher die Musik kommt.”