Vor ein paar Tagen ist Arvo Pärt 80 Jahre alt geworden. In zahlreichen Musikzeitschriften, auf Kulturseiten und in Feuilletons waren zu diesem Anlass erfreulich verständige Artikel über den estnischen Komponisten zu lesen. Viele Beiträge beschäftigten sich mit dem, was die Gesellschaft zur Verleihung des Internationalen Brückepreises in zwei Sätzen auf den Punkt gebracht hat: “Sein Schaffen genießt so große Akzeptanz wie bei keinem anderen Komponisten der zeitgenössischen Musik. Sein Werk macht das menschliche Grundbedürfnis nach einer Verbindung von Ästhetik, Ethik und Spiritualität, die in unserer überwiegend säkularisierten Gesellschaft so oft der Politik und der Ökonomie untergeordnet werden, deutlich und erlebbar.”

Ästhetik, Ethik und Spiritualität – das sind die Schlüssel zum Verständnis erstens von Pärts Musik, zweitens der Wertschätzung, die seinem Œuvre entgegengebracht wird. Noch kürzlich war eine Kursteilnehmerin tief beeindruckt vom Cantus in memoriam Benjamin Britten, einem Werk für Glocke und Streichorchester (1977/1980). Sie erkundigte sich per E-Mail genauestens über den Komponisten und den Titel des Werkes, da sie die CD unbedingt kaufen und wieder hören wollte. Viele Menschen erleben Pärts Musik als Ausdruck einer archaischen, tief sitzenden Sehnsucht nach Trost und Sanftmut, nach Verständnis und Liebe. Die Musik hat zuweilen etwas Therapeutisches und kann mit ihrer meditativen Ruhe und Stille, auch durch Schmerz und Trauer, Begleiterin sein in Phasen oder auf einzelnen Wegen unseres Lebens. Dabei geht es nicht um Stilmittel, Techniken oder Strukturen, sondern um Erfahrung und Erkenntnis, also um uns selbst.

Pärt