Zwar ist mir nach jahrelanger Praxis klar, dass die DVD ein Musikstück weitaus instruktiver transportieren kann die CD, oder einfacher gesagt: Die DVD kann das Hörverständnis in viel höherem Maße begünstigen als die CD. Ich spiele also im Kurs “Kulturführerschein” an der VHS Gütersloh eine CD mit Arnold Schönbergs Bläserquintett op. 26, da es eine DVD mit diesem Stück nicht gibt. Wir hören den ersten Satz, und das Verständnis für die Musik – von Gefallen soll gar nicht die Rede sein – hält sich in Grenzen. Das bin ich gewohnt.

Dann allerdings ereignet sich Erstaunliches. Ich lege eine DVD mit moderner Kammermusik polnischer Komponisten ein, und wir hören das Streichquartett Nr. 1 von Krzysztof Penderecki, das gegenüber dem Schönbergschen Bläserquintett deutlich modernere und komplexere Stück. Die DVD zeigt die vier Ausführenden, die bis auf den Cellisten alle im Stehen spielen, wie sie die Noten von einem über Beamer projizierten Laufband ablesen, so dass die Zuhörer den notierten Verlauf des Stückes mitlesen können. Die Klangerzeugung bietet so ziemlich alles, was das Zeug hat, den Laien zu verschrecken: Traditionelle Streichertechniken (arco, pizzicato, con sordino, sul ponticello, col legno, col legno battuta, senza vibrato) werden ebenso verwendet wie mehrere vom Komponisten entwickelte Techniken: Glissandi auf Trillern, sehr schnelles nicht-rhythmisches Tremolo, unbegrenzte höchstmögliche Tonlagen, Spiel zwischen Steg und Saitenhalter, Spiel auf dem Saitenhalter, Streichen der Saiten mit Handflächen, mikrotonale Intervalle und vieles mehr. Kommentar: Das war ja aufregend, richtig spannend! Na sieh mal an! Allein eine CD hätte eine solch positive Resonanz nicht hervorgerufen, das Sehen macht den Unterschied! Also im Zweifel fürs Hörtraining lieber das schwierigere Stück wählen, aber dafür mit Bildern.