Ich war im 5. oder 6. Semester, als ein Kommilitone aus der Abteilung Gesang einmal meinte, Dietrich Fischer-Dieskau sei kein großartiger Sänger, aber ein herausragender Interpret. Damals kam mir diese Ansicht geradezu blasphemisch vor, doch im Laufe der Jahre konnte ich der Einschätzung immer mehr abgewinnen. Mir gefiel die Unterscheidung – sprechen wir über die Stimme, also über Timbre, Register, Volumen etc. oder über Wandlungsfähigkeit, Gestaltungswillen, Überzeugungskraft? Aus allen einzelnen Facetten wird doch das Ganze, wie im richtigen Leben – oder etwa nicht? Wir haben allerdings – und das ist die gute Nachricht – keine Verpflichtung zur Objektivität, wenn wir jemanden verehren.

So geht es mir mit Mélanie Laurent und ihrem 2011 beim Label “Atmosphériques” erschienenen Debütalbum En t’attendant. Zwölf Lieder, überwiegend in einem rezitativisch-nachdenklichen Tonfall, versonnen und melancholisch. Das Album wirkt reif und ausbalanciert, ganz wunderbar. Mein Studienfreund würde vielleicht sagen, sie ist keine großartige Sängerin, aber eine gute Chansonnette. Mir wär’s egal. Ich bin bei Mélanie Laurent sowieso nicht objektiv, und das ist ganz in Ordnung so.

Inglourious Basterds Premiere Nashville
Foto: Bev Moser