Das Stadttheater Gießen spielt zurzeit Der Barbier von Bagdad von Peter Cornelius. Musik und Text bleiben unangetastet, doch die gesamte Handlung ist in ein surreales Tierreich verlegt. Der verliebte Nureddin ist eine Hummel, Gehilfin Bostana ist ein Maulwurf, der Barbier ist eine Schildkröte. Von ein paar anderen Figuren weiß man nicht so recht, was sie sind. Über die Inszenierung (Roman Hovenbitzer) verliert das Opernheft kein Wort. Die Handlung wird darin wie in jedem konventionellen Opernführer wiedergegeben, so als ob tatsächlich Der Barbier von Bagdad zur Aufführung käme.

Doch die Gießener machen aus einer liebenswerten Komödie eine absurd-clowneske Posse, die keinen nachvollziehbaren Transfer des Originals erkennen lässt. Schlüsselszenen der ursprünglichen Handlung werden bagatellisiert oder bleiben unsichtbar, das Beziehungsgeflecht der handelnden Personen (jetzt Tiere) wird kaum wiedergegeben. Das bunte Bühnenbild und die schrillen Kostüme geben der imaginären Wald- und Wiesenfauna sämtliche Alibis, die sie für ihre Aktionen benötigt, welche zumeist willkürlich und beliebig kreiert werden. Was das Publikum über zwei Stunden lang ertragen muss, ist ein bemerkenswerter Etikettenschwindel, der den Barbier von Bagdad bis zur Unkenntlichkeit entstellt und durch alberne Abwegigkeiten zum Klamauk verkommen lässt. Einige musikalisch gut gelungene Passagen, ein paar schöne Töne reichen da als Entschädigung nicht. In der Pause gibt’s Sekt, das hilft ein bisschen.