Ich glaube an einen grausamen Gott,
der mich nach seinem Bilde erschuf,
und den ich im Zorn nenne!
Aus der Niedrigkeit eines Keims
oder Atoms bin ich in Niedrigkeit geboren!
Ich bin ein Bösewicht, weil ich ein Mensch bin,
und fühle den Schlamm meines Ursprungs in mir!
Ja! Das ist mein Glaube!
Ich glaube mit festem Herzen,
so wie die Witwe im Tempel,
dass ich das Böse, das ich denke,
das von mir ausgeht,
als mein Schicksal erfülle!
Ich glaube, dass der Gerechte ein höhnischer
Komödiant ist, im Antlitz wie im Herzen,
dass alles an ihm Lüge ist:
Tränen, Küsse, freundliche Blicke, Opfermut und Ehre!
Und ich glaube, dass der Mensch das Spielzeug
eines bösen Schicksals ist,
vom Keim in seiner Wiege
bis zum Wurm in seinem Grab.
Auf all diesen Spott folgt der Tod.
Und dann? Und dann?
Der Tod ist das Nichts!
Das Jenseits ist ein altes Märchen!
Verdi, Otello – “Credo” des Jago, 2. Akt

Eine der großartigsten Bösewicht-Szenen der Opernliteratur! Zorn, Spott, “La Morte è il Nulla” … In Shakespeares Macbeth, ebenso in Verdis Vertonung, finden wir am Ende einen ganz ähnlichen Monolog, in dem es heißt, das Leben sei “ein Märchen, erzählt von einem Narren, voller Klang und Wut, und es bedeutet nichts” … signifying nothing … Das geht schon sehr unter die Haut, wenn man es nur liest, geschweige denn hört und sieht, egal ob im Schauspielhaus oder in der Oper. Shakespeare und Verdi, da haben sich die zwei Richtigen gefunden! Dabei haben sie sich nicht mal persönlich gekannt. Oder etwa doch?