Gestern Abend im Opernkurs: “Les Troyens” von Hector Berlioz, 3. Akt. Die Londoner Produktion (Royal Opera House) von 2012 liefert ein weiteres starkes Argument für die Beschäftigung mit der großen französischen Oper, diesem so speziellen Zweig des Musiktheaters. Mitreißende Chöre, kunstvolle Arien und Ensembles, eingebettet in intensive und differenzierte Orchesterklänge – dazu spielt Berlioz klug und virtuos mit den Mitteln der Dramaturgie, insbesondere mit retardierenden Momenten. Die Trojaner treffen in Karthago ein, und jeder von uns wartet mit Spannung auf die erste Begegnung zwischen Dido und Aeneas – nach der Lektüre des Librettos wissen wir, dass sie in überwältigender, tragischer Liebe zueinander entflammen werden. Dido kennt ihren künftigen Geliebten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, und so warten wir zusammen mit ihr. Doch Berlioz lässt seinen Helden erst mit einiger Verspätung auftreten, dafür allerdings imponierend kraftvoll und siegessicher. Dido ist tief beeindruckt, sie wird Aeneas in rasender Leidenschaft verfallen und ahnt bereits jetzt, dass sie ihren Gefühlen schutzlos und unkontrollierbar ausgeliefert sein wird. Wir dürfen ihr bei jedem Schritt in die Katastrophe zusehen, wir fiebern mit ihr, wir möchten ihr mit guten Ratschlägen zu Hilfe kommen, eigentlich müssten wir längst selbst auf der Bühne sein. In diesen Momenten lieben wir Berlioz und die Grand opéra und wissen, dass er stimmt, dieser Satz: Wir können alles, denn wir sind die Oper.