2016
21. Dezember 2016
Ein sehr intensives, zuweilen aufregendes und nicht immer leichtes Jahr geht zu Ende. Über die Turbulenzen in Politik und Gesellschaft, in Wirtschaft, Kultur oder Sport wird in zahlreichen Jahresrückblicken berichtet und diskutiert. Wir spüren, dass viele äußere Ereignisse mehr mit unserem Leben zu tun haben, als wir dachten oder zu glauben bereit waren. Doch unsere inneren Sensoren sind noch intakt, und so empfinden wir Unsicherheiten und Unwägbarkeiten, vielleicht auch den Verlust von Vertrautheit und Geborgenheit. Doch wir dürfen lernen, uns neuen Herausforderungen zu stellen! Gehen wir also daran, Kommendes zu begrüßen und dankbar anzunehmen. Denken wir positiv – wem das Dach weggeflogen ist, der hat freie Sicht auf die Sterne!
Mein herzlicher Dank gilt allen, die mich im alten Jahr begleitet haben – Veranstalter, Kursteilnehmende, Konzertbesucher, Leserinnen und Leser, Redakteure, Organisatoren, Helferinnen und Helfer und alle übrigen! Auf dass wir uns auch im kommenden Jahr wieder hören, sehen oder voneinander lesen werden. Ich freue mich sehr darauf! Frohe Festtage und meine besten Wünsche für ein glückliches Jahr 2017!
Ihr und Euer
Thomas Sander
20. Dezember 2016
I’m 36 years old and I don’t mind the age. I like the view from here. The future is here and I have to make the most of it, as every woman must. So, when you hear all the talk about how tardy I am or how often it seems I make people wait, remember: I’m waiting, too. I’ve been waiting all my life.
Marilyn Monroe
19. Dezember 2016
Die Nachricht, dass fast jeder siebte Bürger an den bevorstehenden Feiertagen mehr Alkohol trinkt als üblich, kann kaum überraschen. Eine einschlägige Studie des Verbandes der Privaten Krankenversicherung ergab, dass sich die Gruppe der jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren dabei besonders trinkfest zeigt. Ein Viertel der Befragten dieser Altersklasse erwartet von sich, die Feiertage betrunken zu erleben. Auf die Gründe geht die Studie nicht ein. Ein Zusammenhang von alkoholaffinem Verhalten und fortgesetzter Beschallung mit weihnachtlichem Liedgut, insbesondere durch Jingle Bells und Heidschi bumbeidschi bum bum, wurde offenbar nicht untersucht. Zur Erlangung psychischer Stabilität würde ja für die genannten Lieder auch Kinderpunsch reichen, sogar der ohne Alkohol. Wer allerdings Last Christmas eher als Final Christmas versteht, könnte für sich die Lage als aussichtslos interpretieren und in der Folge verstärkt Hochprozentigem zusprechen. Dann ginge der erhöhte Alkoholkonsum lediglich auf ein semantisches Missverständnis zurück! Eine Muh, eine Mäh, eine Täterätätä ist da doch eindeutiger, zudem ist es musikalisch bis Humba, humba täterä nicht weit. Kein bisschen depressiv, sondern heiter bis karnevalesk und fürs Singen unter Alkoholeinfluss unbedingt geeignet.
15. Dezember 2016
Unser Herzkönig dagegen erntet zwar allenthalben Bewunderung, doch sein Schicksal ist ungewiss. Seine chevalereske Geste führt nicht zwangsläufig ans Ziel. “Nichts ist unsicherer als die Liebe”, befindet John Irving im Hotel New Hampshire. “Garantie gibt VW auf die Lichtmaschine”, würde mein Hausarzt hinzufügen. Nur damit wir nicht herzlos mit erfolgversprechend verwechseln.
13. Dezember 2016
Wir wissen sehr wohl, mit welcher Vertrautheit wir uns durch den Tag bewegen, aber nachts bewegt sich der Tag mit der gleichen Vertrautheit durch uns …
Inger Christensen (1935 – 2009)
12. Dezember 2016
Wetzlarer Neue Zeitung, 11. Dezember 2016
Von Ann-Christin Kuhlmann
Musik trifft Tanz trifft Malerei
IMPROVISATIONSTAGE Kulturamt und Musikschule stellen Programm 2017 vor
WETZLAR. Musik, Tanz, Malerei vereint – Ende Januar ist es wieder soweit: Die 2. Wetzlarer Improvisationstage beginnen. Besucher können sich auf ein breites Spektrum an Veranstaltungen freuen. Nach dem erfolgreichen Auftakt in diesem Jahr gehen das Kulturamt und die Musikschule mit den Wetzlarer Improvisationstagen 2017 in die zweite Runde. Denn die Premiere stieß beim Publikum auf positive Resonanz oder wie Kulturamtsleiterin Kornelia Dietsch zusammenfasst: „Das neue Format war ein Wagnis – wir wagten und gewannen.”
Auch Musikschulleiter Thomas Sander ist zufrieden: „Das Konzept sprach vermutlich so viele Menschen an, weil Improvisation an keine festen Vorgaben wie Spielanleitungen oder Noten gebunden ist. Die verschiedenen Künste waren zwar bekannt, ihre Ausformung während der Veranstaltung jedoch nicht. Das machte es spannend.“ Manche Besucher kamen sogar zu allen vier Veranstaltungen. Für das neue Programm gelte, was auch 2016 der Fall war: „Im Zentrum steht die Kunst der Musik, die wir mit anderen Künsten vernetzen möchten“, so Sander.
Los geht’s am 26. Januar um 19.30 Uhr mit dem „ensemble context“ für frei improvisierte Musik und Sprache. Es ist im Konzertsaal der Musikschule zu Gast. Kooperationspartner in 2017 sind das Forum Wetzlar und ece-Centermanagement sowie der Schwarz-Rot-Club Wetzlar. Sie bringen sich auch im Programm ein. So der Schwarz-Rot-Club. „Auch Tango ist Improvisation“, sagt Tanzlehrerin Maike Jäckel. „Die Wetzlarer Tangoszene ist in den letzten zwei Jahren explodiert, wir freuen uns, dabei zu sein.“ Und so ist am 27. Januar (19.30 Uhr) in der Musikschule nicht nur ein Tanzpaar des Clubs zu erleben, sondern auch die Tangoband „Bassa“ mit ihrem Programm „Tango Azul“. Die dritte Veranstaltung findet im Forum statt. Am 28. Januar um 15 Uhr begrüßt „QuadrArt“ die Besucher zu Musik und Malerei. Forummanager Sven Martens: „Wir wollen die Besucher animieren, mitzumachen.“ Mitmachen heißt in dem Fall: mitmalen. Das Akustische der Musik solle assoziiert und visuell ausgedrückt werden durch Malerei. Und Sander ist sicher: „Durch das Mitmachen kommt der Facettenreichtum vollkommen zum Tragen.“
Den Abschluss der Improvisationstage bildet am 29. Januar um 11.00 Uhr “The Lady’s Cup of Tea” mit der Gruppe „La Moresca“. Sie bietet eine Verbindung von keltischer Folklore und barocker Kammermusik. „Da können wir ein wirkliches Crossover erwarten“, verspricht Sander. Die Erwartungen an die zweiten Improvisationstage sind klar definiert, so Kulturdezernent Jörg Kratkey abschließend: „Wir wünschen uns wieder viele Besucher und restlose Begeisterung, so dass wir die Improvisationstage auch in 2018 wieder ausrichten können.“ Alle Veranstaltungen sind zwar kostenlos, Spenden aber willkommen. (ack)
10. Dezember 2016
“Hör auf deine innere Stimme” – wie oft schon ist uns das empfohlen worden, wenn eine schwierige Entscheidung anstand und wir uns damit schwer getan haben! Hör auf deine innere Stimme – das wäre wohl kein Problem, wenn diese nach gregorianischem Muster als einzige zu vernehmen wäre. Zuweilen wird das Treffen von Entscheidungen dadurch erschwert, dass wir es in unserem Inneren mit einem polyphonen Geflecht von Stimmen zu tun haben. Dann nehmen wir nicht nur diese eine, einzige Stimme wahr, auf die zu hören uns geraten wird. Vielmehr müssen wir auf das Zusammenwirken von individuellen, aber doch voneinander abhängigen Stimmen achten, und psychomentale Mehrstimmigkeit kann verwirrend bis anstrengend sein.
Vielleicht hilft Nostalgie. Sie steigert das Wohlbefinden, macht optimistisch, großzügig und glücklich. Lieb gewordene Erinnerungen sind wichtig für das seelische Gleichgewicht und wirken sogar auf den Körper. Wenn wir in Räumen mit niedriger Tempetarur in schönen Erinnerungen schwelgen, können diese nach einer chinesischen Studie die geschätzte Raumtemperatur um bis zu vier Grad erhöhen. Darüber hinaus sind wir (oder die Chinesen?) unter dem Einfluss von nostalgischen Gedanken eher bereit, Kälte zu tolerieren. Sei’s drum, jedenfalls sind wir lieber in kalten Räumen erinnerungsselig als in wohltemperierter Umgebung zukunftsverzweifelt. Und dann klappt’s auch mit der inneren Stimme.
8. Dezember 2016
Zurück aus Gütersloh, wo ich an der VHS den Baustein Musik zum Kulturführerschein betreut und eine Vormittagsveranstaltung der Senioren-Uni geleitet habe. Beide Male war das Thema “Advents- und Weihnachtsmusik durch die Jahrhunderte”. Wir haben Musik vom Mittelalter bis zur Avantgarde gehört, sowohl Vokalkompositionen als auch reine Instrumentalstücke. Dabei haben wir uns gefragt, was das Adventliche oder Weihnachtliche der Musik – sofern wir das in dieser Weise wahrnehmen – eigentlich ausmacht. Wir haben die Perspektive, die der Komponist dazu einnimmt, als wesentlich verstanden und den jeweiligen musikalischen Transfers nachgespürt. Wir haben die musikalischen Ausdrucksmittel wahrgenommen, Satztechniken analysiert und stilistische Besonderheiten einzelner Epochen herausgearbeitet. In beiden Veranstaltungen war das Echo ausgesprochen positiv. Den größten Eindruck haben die O-Antiphonen von Charpentier und die Choralvariationen über “Vom Himmel hoch” von Strawinsky gemacht, beides Stücke von nicht gerade hohem Bekanntheitsgrad. Eine Teilnehmerin hat die Charpentier-CD fotografiert, vielleicht kauft sie ein Exemplar. Ich bin am Umsatz nicht beteiligt, aber ich freue mich auch so.
6. Dezember 2016
Nikolaus, Weihnachtsmann, Santa Claus. Rentierschlitten, roter Mantel und Mütze, Sack voller Geschenke. Oder doch Mitra, Bischofsstab und Priestergewand? Wen interessiert’s? Die Initiative “Achtung – weihnachtsmannfreie Zone” zum Beispiel. Sie weist seit Jahren darauf hin, dass “der am Konsum orientierte Weihnachtsmann der Geschenke-lndustrie nur noch wenig mit dem heiligen Bischof gemein hat.” Letzterer kommt zudem oft in Begleitung. Je nach Region ist das Knecht Ruprecht, Krampus, Klausen, Klaubauf, Pelzmärtel, Rauwuckl, Butz, Rumpelblas oder Schmutzli. Jedenfalls hat es den Nikolaus wirklich gegeben (geboren wurde er vermutlich zwischen 270 und 286 n. Chr.), den Weihnachtsmann nicht. Der ist eine Kunstfigur und eine Erfindung der Werbung. Nur die Geschenke sind echt.
4. Dezember 2016
Würden uns nach der Rückkehr aus dem Sommerurlaub nicht sogleich Spekulatius, Zimsterne und Dominosteine angeboten, sondern erst ab sagen wir Mitte November, überkäme uns dann gleichwohl schon nach dem 2. Advent dieses Gefühl von frühzeitiger Weihnachtsübersättigung, und zwar nicht nur hinsichtlich des Gebäcks?
1. Dezember 2016

Magnus Carlsen bleibt Schachweltmeister. Der “Mozart des Schachs”, so ist zu lesen, habe verdient gegen Herausforderer Sergej Karjakin gewonnen. Mozart des Schachs – was ist bloß damit gemeint? Genie, Eleganz, Unkonventionalität, Verschwendungssucht? Es kam doch während des Wettkampfes wohl nicht zum Ausschank von Punsch? Die Schlussstellung der letzten Partie gibt darüber keinen Aufschluss, ist aber hübsch anzusehen.
29. November 2016

Hörpädagogische Kurse machen am meisten Spaß, wenn Kursteilnehmende von Stücken, die sie bisher nicht kannten, unerwartet begeistert sind. So geschehen in dieser Woche, als ein Hörer vom Konzert für Orchester von Béla Bartók geradezu überwältigt war. “Ich glaube nicht, dass Sie mir in diesem Kurs noch etwas vorspielen können, das mich mehr fasziniert.” Das Gefühl, in einer bisher nicht gekannten Klangwelt völlig aufzugehen, gewissermaßen ein kompositorisches Zuhause zu finden – was gibt es Schöneres für denjenigen, der es so erlebt? Und natürlich für den, der es ausgewählt und gehofft hat, dass seine eigene Begeisterung sich wenigstens ein bisschen auf die Zuhörer überträgt! Eigentlich konnte ja nicht viel schief gehen mit den Berliner Philharmonikern und Pierre Boulez – und trotzdem, für viele Hörer ist Bartóks Musik immer noch eine Herausforderung. Umso mehr hat mich die Frage des Kursteilnehmers gefreut, ob es noch mehr davon gibt. Ja, gibt es! Zum Beispiel drei wunderbare Klavierkonzerte, die Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta, sechs Streichquartette, die Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug, zwei Violinkonzerte, Herzog Blaubarts Burg….
27. November 2016
Wenn man ins Theater geht wie in die Kirche oder in den Gerichtssaal, oder in die Schule, das ist schon falsch. Man muss ins Theater gehen wie zu einem Sportsfest. Es handelt sich hier nicht um Ringkämpfe mit dem Bizeps. Es sind feinere Raufereien. Sie gehen mit Worten vor sich. Es sind immer mindestens zwei Leute auf der Bühne, und es handelt sich meistens um einen Kampf. Man muss genau zusehen, wer gewinnt. […] Man sieht in die Leute hinein, man muß nur scharf zugucken, es ist wie bei Ringkämpfen: die kleinen Tricks sind das Interessante. Das hat das Kino nicht, das mehr für die Dummen ist, die das Innere und Schwierigere nicht begreifen. Darum müssen die Klügeren und Feineren in das Theater gehen, aber sie müssen es, wie gesagt, mehr nach der sportlichen Seite hin betrachten.
Bertolt Brecht, 1920
Wir wollen uns nicht die Mühe machen, Beispiele für anspruchsvolles und ambitioniertes Kino um 1920 anzuführen. Und wir erstellen auch keine Liste von geistlosen Theaterproduktionen derselben Zeit. Wir machen uns lediglich bewusst, dass Brecht 22 Jahre alt war, als er die zitierten Sätze niederschrieb. Das stimmt uns milde und nachsichtig.
25. November 2016
24. November 2016
Heute Vormittag. Wir hören und sehen Góreckis Sinfonie der Klagelieder in der Aufnahme mit der Sopranistin Dawn Upshaw und The London Sinfonietta unter David Zinman. Die Musik, ebenso die schockierenden, kaum zu ertragenden Bilder hinterlassen ihre Wirkung. Eine Hörerin ist tief beeindruckt und spricht dann sehr angetan von der Gestaltung der Gesangspartie. Ich wage zu antworten, dass die Wirkung des Stückes eigentlich schon in der Vorlage selbst liegt, sozusagen auskomponiert ist. Manche Interpretationszutaten sind mir zuviel, der Betroffenheitsausdruck zu groß, das Parfum zu schwer. Das ruft entschiedenen Widerspruch hervor. Nein, distanziert kann man das ja wohl gar nicht singen, bei solch einem Thema geht das überhaupt nicht, man muss doch die innere Anteilnahme spüren…. Was kann ich noch sagen? Dass eine Anklageschrift nicht im Ton der Empörung vorgetragen wird, dass eine Dokumentation durch Versachlichung an Kontur, Schärfe und Glaubhaftigkeit gewinnt? Aber wir sind weder im Gerichtssaal noch in einem wissenschaftlichen Hauptseminar. Schließlich fragt jemand, ob Frauen anders hören als Männer. Das hat gerade noch gefehlt, aber so kommen wir aus der Nummer wenigstens halbwegs heil heraus. Bis zum nächsten Mal.
22. November 2016
Am kommenden Samstag, 26. November um 19.00 Uhr veranstaltet die Deutsch-Italienische Gesellschaft Mittelhessen e.V. einen kulinarisch-musikalischen Abend unter dem Titel Una serata con Rossini (Ristorante Geranio, Am Kurpark 2, 35619 Braunfels). Für die Musik sorgen der Tenor Kornel Maciejowski und Evgeni Ganev am Klavier. Dazu gebe ich ein paar Erläuterungen über Gioachino Rossini und sein kompositorisches Schaffen. Auch Nicht-Mitglieder sind herzlich willkommen! Es gibt ein 3-Gang-Gourmet-Menü nach Rezepten des Feinschmeckers und Komponisten. Preis € 38,00 p. P. ohne Getränke.
Nach eigener Aussage hat Rossini in seinem Leben nur dreimal geweint, nämlich als seine erste Oper durchfiel, dann, als er Paganini die Violine spielen hörte, und zum dritten Mal, als ihm bei einer Bootsfahrt ein mit Trüffeln gefüllter Truthahn ins Wasser fiel. Den Vogel wird es am Samstag also nicht geben, doch vielleicht die berühmten Tournedos á la Rossini, mit denen sich der Maestro nicht selten Kummer von der Seele gegessen hat.
21. November 2016
“Nach 1880 ist eben nichts Gescheites mehr komponiert worden”, sagte kürzlich ein Kursteilnehmer im Anschluss an eine Hörstunde mit Szymanowskis 3. Sinfonie. Der Hörer würde wohl auf Nachfrage seine Behauptung nicht ernsthaft aufrecht erhalten wollen, und doch schwingt in solch einem launig klingenden Kommentar auch Geringschätzung und Ablehnung für Musik des 20. Jahrhunderts mit. Warum ist das so? “Wenn Sie sagen, dass es große Kunst ist, dann wird es wohl so sein” – eine höfliche Konzession, die tiefe Einblicke in subjektive Hilflosigkeiten gewährt. Musik ohne Symmetrien, ohne periodischen Aufbau, ohne Dur/Moll-Tonalität, ohne vertraute Skalen – viele Hörerinnen und Hörer stehen hier immer wieder unerfahren und ratlos vor klanglichen Verläufen, die für sie nicht antizipierbar und somit unverständlich sind. Ein Kollege nennt das den “Ging-allein-Effekt” – wer “Hänschen klein” sagt, muss auch “ging allein” sagen. Zwei und zwei ist vier, und vier und vier ist acht. Und wehe, wenn nicht!
Diese über Jahrzehnte gewachsenen musikalischen Vertrautheiten, Berechenbarkeiten und Verlässlichkeiten – sozusagen von Kindesbeinen an und fortgesetzt in Schule, Ausbildung und Beruf, Freizeit und Hobby – stehen häufig einer unvoreingenommenen Annäherung an Musik der Moderne oder Avantgarde massiv im Wege. Wie oft haben wir die Diskussion geführt, was Musik überhaupt sei oder was sie enthalten müsse! Melodie, Harmonie, Rhythmus, Takt? Bei der Uraufführung von Beethovens “Eroica” verlangten die Leute ihr Geld zurück, bei Strawinskys “Sacre du printemps” hat sich das Publikum geprügelt und die Bestuhlung zerlegt. Wären wir nur dabei gewesen, was hätten wir alles lernen können! Verstehen und nicht verstehen ist das eine, mögen und nicht mögen das andere. Achtung: Wissen gefährdet nicht nur die Dummheit, sondern wirkt auch genussfördernd!
19. November 2016
Freundschaft ist, wenn dich einer für gutes Schwimmen lobt, nachdem du beim Segeln gekentert bist.
Werner Schneyder
17. November 2016
In der letzten Ausgabe des Magazins Silberhorn schreibt Hans-Jürgen Schaal zu Beginn seines Artikels “Feuer aus dem Geist schlagen”, Musik sei eine Sache für junge Leute. Von “völligem Mitgerissensein” ist dann zu lesen, von “maßloser Begeisterung”, von einem “vertrauensvollen Sich-Ausliefern an den Sound”. Dann die Feststellung: “Das gibt es später im Leben einfach nicht mehr”. Es folgen Sätze über das angebliche Erlöschen von Feuer und Risiko im Alter, über das “Gefängnis der Wiederholung”, über “permanenten Lebensfluch”. Was sind Alterswerke? Bachs “Kunst der Fuge” sei “kontrapunktisches Gehirnjogging gegen die Verkalkung, eine Art von extraschwerem Senioren-Sudoku”, befindet der Autor und fordert wenig später, “Musik sollte Risiko, Regelverstoß und Temperament sein, nicht Vorübung zum Tode”. Da traut sich aber einer was – und besteht die Prüfungen in Provokationssemantik und Verbalnarzissmus mit Auszeichnung.
15. November 2016
Novembertag
Geht ein sonnenloser Tag
wiederum zur Neige,
und der graue Nebel tropft
durch die kahlen Zweige.
Leise atmend ruht die See,
müde, traumumsponnen …
eine Woge, schaumgekrönt,
ist im Sand zerronnen.
Clara Müller-Jahnke (1860-1905)
13. November 2016

Zurück aus Amsterdam, zurück von einer sehr schönen Opernreise. Natürlich ist der Besuch der Vorstellung immer der Höhepunkt einer solchen Reise, und wieder einmal haben wir Glück. Händels Jephta, szenisch aufgeführt in De Nationale Opera, ist musikalisch sehr beeindruckend, zudem lässt die Inszenierung in positivem Sinn Raum für angeregte Diskussionen. Eine dreistündige Stadtrundfahrt gibt Einblicke in die bewegte Geschichte der Stadt, dazu Tipps zu Besuchen weiterer kultureller Einrichtungen wie Theater, Museen, Konzerthäuser etc.
Die Ausstellung Happy Birthday Marilyn zum 90. Geburtstag von Marilyn Monroe (De Nieuwe Kerk) ist ein großes, bewegendes Geschenk. Die zahlreichen Exponate aus dem persönlichen Besitz Marilyns in Augenschein nehmen zu können und dabei das Gefühl zu empfinden, es handle sich um Sensationsfunde, um kostbare Devotionalien – das ist schon etwas sehr Besonderes. Und da sind sie wieder, die von Andreas Jacke beschriebenen Projektionen und Rettungsfantasien, von denen sich unsereins nie ganz befreien wird. Beseelt von einer Mixtur aus Bewunderung, Trauer und stillem Glück verlasse ich den Ort, trinke in irgendeinem Bistro ein Amstel oder Heineken, ziehe weiter durch die Straßen, kaufe eine Dose mit Gebäck und zwei Ansichtskarten. Im Tuschinski-Theater bestelle ich einen Kaffee und bestaune das Interieur. Wieder ein paar Schritte, dann ins Grand Café L’Opera (Rembrandtplein) für eine heiße Schokolade. Es kommt eine falsche Rechnung über fünfzehn Euro. Ich überlege kurz, kommentarlos zu bezahlen und reklamiere dann doch. Es ist spät geworden, die Zeit ist schnell verflogen. Ich würde gern länger bleiben, doch ich bin zum Essen verabredet und muss los.
9. November 2016
Die eingängige Melodik der Berliner Luft oder der Schlösser, die im Monde liegen sorgte zu Beginn des 20. Jahrhunderts für die große Popularität von Paul Lincke. Seine Operetten, Gesangswalzer, Lieder und Charakterstücke waren beim Publikum außerordentlich beliebt. Zuweilen wird seine Bedeutung für Berlin mit der von Johann Strauß für Wien und Jacques Offenbach für Paris verglichen. Der Komponist Paul Dessau zum Beispiel schätzte Linckes Glühwürmchen-Idyll sehr und hielt das Stück für “etwas Großartiges, das mit Kitsch überhaupt nichts zu tun” hat. Und Richard Strauss antwortete 1941 auf die Frage des NS-Reichpropagandaministers, wen er als Unterhaltungsmusik-Komponisten gelten lasse: “Allenfalls noch Paul Lincke. Die anderen sind doch niedrigstes Niveau.”
Am 7. November, also vor zwei Tagen, feierte die Musikwelt den 150. Geburtstag des Berliner Ehrenbürgers. Die Straße parallel zum Landwehrkanal im Stadtteil Kreuzberg wurde 1956 erst in Lincke-Ufer, zehn Jahre später dann in Paul-Lincke-Ufer umbenannt.
7. November 2016
“Für mich muss Weihnachtsmusik festlich sein”, erklärte eine Teilnehmerin zu Beginn des Kurses “In dulci jubilo – Weihnachtsmusik durch die Jahrhunderte” in der Musikschule Friedrichsdorf. Also getragene Musik für Blechbläser? Was ist Weihnachts- oder Adventsmusik, und wer entscheidet das? Bei textgebundener Musik mag das auf der Hand liegen, wenn es sich um geistliche oder biblische Vorlagen handelt. Aber bei reiner Instrumentalmusik? Mein erstes Klangbeispiel war dann Antidotum tarantulae von Athanasius Kircher. Die Geburt Jesu als Gegengift zu unseren Sünden? Eine interessante Perspektive, ebenso wie die Nr. XVIII aus den Vingt regards sur l’enfant Jésus, “Regard de l’onction terrible” von Olivier Messiaen. Die Salbung des Herrn als furchtbares Erlebnis für die irdischen Herrscher – acht Minuten Klaviermusik mit aggressiven, dissonanten Klängen. Weihnachtsmusik? Jeder Komponist hat seine eigene Betrachtungsweise, sieht das Geschehen aus ganz persönlichem Blickwinkel und gibt ihm seinen eigenen Sinn.
Natürlich ist uns das Festliche, das Würdevolle und Erhabene sehr vertraut, sozusagen mit Pauken und Trompeten, buchstäblich. Doch es geht auch anders – introvertiert, beseelt und ganz piano, wieder ganz wörtlich. Wie Weihnachten von Max Reger für Orgel solo. Zum Glück verfügen wir über diese enorme Bandbreite an Musikstücken und können wählen, welches für uns die ideale Weihnachtsmusik ist, bis hin zu Muh und Mäh und Täterätätä. Nur Junge, komm bald wieder ist kein Weihnachtslied, obwohl der Titel das durchaus hergäbe. Allerdings mehr im Advent.
5. November 2016
Unsere diesjährige Opernreise geht nach Amsterdam (De Nationale Opera). Im Laufe der letzten Jahre haben wir einige bedeutende Häuser in Europa besucht, z. B. die Mailänder Scala, die Wiener Staatsoper oder die Pariser Opéra Bastille. Für das nächste Jahr ist eine Reise nach London (Covent Garden) geplant. Das Opernhaus in Zürich ist weiterhin ein attraktives Ziel, auch wenn die Schweiz sehr teuer ist. Ebenso sollte das Teatro La Fenice in Venedig in der engeren Wahl bleiben. Bisher sind wir mit dem Bus gereist, mit Aufenthalten vor Ort von jeweils drei bis vier Tagen, immer in sehr schönen Hotels.
Nach London und evtl. Zürich oder Venedig würde ich gerne Ziele ins Auge fassen, die sich aufgrund der Entfernung für Busreisen eigentlich nicht eignen wie z. B. Barcelona oder St. Petersburg. Auch Oslo wäre spannend, als kombinierte Bus- und Schiffsreise, ab Kiel mit der Color Line. Natürlich kommen auch kleinere, gleichwohl großartige Häuser in Betracht wie Toulouse, Bilbao oder Mantua. Ein großer Reiz, übrigens nicht nur für mich, liegt darüber hinaus in noch ferneren Zielen. Die Metropolitan in New York, das Teatro Colón in Buenos Aires, das Sydney Opera House, das Grand Theatre in Shanghai – alles wunderbare Städte und Ziele für die nächsten Jahre! Könnte nur sein, dass die Reisegruppen dann etwas kleiner werden….
2. November 2016
Nicht deswegen habe ich keine Eile,
weil ich mehr Zeit habe,
sondern weil ich weiß,
dass mir die Eile alles zerstört.
Ein Leben in Eile hast du verpasst.
Gelesen letzte Woche in Berlin,
U-Bahnhof Gleisdreieck,
während des Wartens auf die Bahn
31. Oktober 2016
Ein Dirigent sollte nicht zu viel reden, die Musiker mögen das nicht.
Andris Nelsons
Wahrscheinlich stimmt das. Der Dirigent ist der natürliche Feind des Orchesters, heißt es. Nur die wenigsten Orchestermusiker schätzen Erläuterungen. Wenn überhaupt, müssen Erklärungen kurz und knapp ausfallen, egal ob es sich um sachliche, technische Hinweise handelt oder um die Aufforderung, einen violetten Nebel zu spielen, wie Harnoncourt es einmal verlangt haben soll. Warum bloß? Weil Orchestermusiker irgendwann glauben, schon alles zu kennen? Jedes subito piano, jedes rubato, jeden Vergleich, jede Anekdote? Erfahrenes Orchester und junger Dirigent, ist das per se problematisch? Nein! Bernstein, Celibidache, Kleiber – sie alle haben erleben müssen, dass während ihrer Proben mit wirklich großen, namhaften Orchestern geredet, getuschelt und schlicht nicht zugehört wurde. Es ist keine Frage des Alters, es ist eine Frage des Benehmens! Zugegeben, es gibt unter Dirigenten auch Ich-Erzähler und Selbstdarsteller. Dann werden die Orchestergrabenkämpfe nonverbal während der Musik ausgetragen. Beim Speed-Dating entscheidet sich in den ersten sieben Sekunden, ob es funkt oder nicht. Bei Dirigenten und Orchestern sind es vielleicht sieben Minuten. Und wenn es gefunkt hat, darf der Dirigent auch reden. Nur nicht so viel.
30. Oktober 2016
Nochmal zum Thema Literaturnobelpreis. Vor ein paar Tagen hat der peruanische Nobelpreisträger Mario Vargas Llosa in Berlin die Vergabe des Preises an Bob Dylan als “Ausdruck der zunehmenden Frivolität der Kultur in unserer Zeit” bezeichnet. Llosa sprach von der “Zivilisation des Spektakels”, die inzwischen bis zur Schwedischen Akademie reiche.
Wir dürfen getrost davon ausgehen, dass Vargas Llosa keine Einzelmeinung vertritt. Doch statt einen solchen Klartext zu sprechen, haben viele Beobachter und Kommentatoren es vorgezogen, die Entscheidung als “mutig” oder “wegweisend” zu interpretieren. Wahrscheinlich wird demnächst auch ein Nobelpreis für Philosophie vergeben, den dann Richard David Precht bekommen wird. Den Preis für Musik teilt sich Ralph Siegel. Mit wem, darf er sich aussuchen.
Pause bis zum 30. Oktober 2016
13. Oktober 2016
Die Verleihung des Literaturnobelpreises an Bob Dylan begrüßen, aber die Verwendung von Chorizo in der Paella ablehnen – das geht nicht zusammen. Sich hier in Anspruchs- und Niveaufragen flexibel zeigen, dort aber auf Regeln und tradierte Vorschriften pochen – wer soll das verstehen? Macht die Vorliebe für düstere Metaphern in Kreuzreimen schon gute Lyrik? Ist eine würzige Wurst im Reis gleich eine Kriegserklärung an Spanien? Kommt’s Freunde, hätte Harry Valérien gesagt, lasst’s amal gut sein. Der Bob Dylan schreibt und singt ganz schön, der Jamie Oliver kann gut kochen. Der eine steht jetzt in einer Reihe mit Hesse, Mann und Hemingway, der andere muss sich die hämisch-ironische Belehrung gefallen lassen, Fish and Chips bestünde neuerdings aus Auberginen und Ente. Merke: Im Übertreiben unterscheiden sich die Mitglieder des Nobelpreiskomitees nicht von empörungsbesoffenen Hobbyköchen und Internetusern. Bob Dylan und Jamie Oliver werden damit zurechtkommen.
11. Oktober 2016
Anlässlich der Deutschland-Premiere von “Inferno” weilt Filmstar Tom Hanks in Berlin. Er würde gern mehr Zeit “in der faszinierendsten Stadt der Welt” verbringen, so sagt er. Voraussetzung sei, dass jemand ihm ein Appartement überließe, am besten eines, von dem aus er zu Fuß die bekannte Würstchenbude “Curry 36” erreichen könne. Daraus schließen wir, dass Mr. Hanks Berliner Currywurst schätzt, was bei ihm wie “curry worse” klingt. Er wäre auch mit einem Plattenbau in Ostberlin zufrieden, ergänzt er. Nun, es gibt eben verschiedene Formen der Selbstkasteiung. Ob auch der Besuch von “Inferno” dazu zählt, können wir erst ab übermorgen beurteilen. Dann kommt der Film in die Kinos.
9. Oktober 2016

Gesualdos Musik klingt, als würde ein hautwandiger Raum von selbst zu klingen beginnen. Das ist das einzige Selbstverständliche an dieser Musik, an der nichts “natürlich”, alles aber herrliche Willkür und außerordentliche Gewalt ist. Gerade hat der Principe noch mit dem Dolch in Leichen gestochert, schon setzt er peinvolle, subtile Kontrapunkte, die schönsten, die es gibt. Es bleibt ohne Beispiel.
Wolfgang Rihm
Gesualdo – Fürst, Mörder, Komponist heißt der Ballettabend, der am kommenden Samstag als künstlerische Spurensuche im Salzburger Landestheater Premiere haben wird. Es hat etwa 400 Jahre gedauert, bis die Madrigale von Carlo Gesualdo (1566 – 1613), Fürst von Venosa, 2013 in seiner Heimat Neapel wieder aufgeführt wurden. Selbstverständlich war auch hier bekannt, dass Gesualdos Musik weltweit bewundert und bestaunt wird. Doch nicht ohne ein gewisses Frösteln sprechen die Neapolitaner von dem berühmten Sohn ihrer Stadt, der in seinem Palazzo seine Frau und deren Liebhaber in flagranti erwischte und brutal ermordete. Es spuke bis heute in seinem Palast, so erzählt man, und Gesualdos Seelenqualen könne man in seiner Chormusik Takt für Takt nachspüren. Kaum eine Passage ohne harmonische Kühnheiten, unerwartete Wendungen und Taktwechsel. Das Werk eines Psychopathen, der sich nach der Tat auf sein Schloss zurückzog. Eine gerichtliche Untersuchung blieb ohne Folgen, denn Ehrenmorde unter Adligen wurden nicht gesühnt. Gesualdo mied fortan die Öffentlichkeit und komponierte den Rest seines Lebens atemberaubende Gesänge. Gesualdo – Fürst, Mörder, Komponist. Wer es am Samstag nicht bis Salzburg schafft, hat noch Zeit bis Mai 2017. Bis dahin gibt es siebzehn Vorstellungen.
7. Oktober 2016

Eine der kompositorischen Stärken von Dmitri Schostakowitsch ist sein Gespür für einprägsame Rhythmik und Melodik bei gleichzeitiger Knappheit im Ausdruck. Wir haben uns in dieser Woche mit seinem Cellokonzert Nr. 1 Es-Dur op. 107 befasst, welches die genannten Charakteristika in besonderer Weise zeigt. Gleich das erste Thema, vom Solocello intoniert und später von einzelnen Orchesterinstrumenten und -gruppen in immer wieder veränderter Form aufgegriffen, lässt den Zuhörer nicht los. Es ist ein zupackendes, vitales Thema, das im letzten Satz des Werkes noch einmal wiederkehrt. Schostakowitsch zitiert es sowohl im Original als auch augmentiert, so dass fast der Eindruck entsteht, der Komponist habe einfach nicht davon lassen können. Thematische Verklammerung, Kompositionstechnik oder Intention hin oder her – das Thema ist einfach unwiderstehlich! Ein schöner, willkommener Ohrwurm fürs Wochenende.
4. Oktober 2016
Bis zum Abschluss des Umbaus der Kölner Oper dient das Staatenhaus am Rheinpark als Interimsspielstätte, voraussichtlich bis zum Ende der laufenden Spielzeit. Bekanntlich kann man sich an Provisorien gewöhnen, sofern diese Bezeichnung hier zutreffend ist. Immerhin führen die baulichen Bedingungen des Staatenhauses zu gravierenden Änderungen der Vorstellungsabläufe. Es gibt keinen Orchestergraben, die Bühne liegt zwischen Publikum und Orchester, der Dirigent hat also Chor und Solisten im Rücken, folglich bekommen diese ihre Einsätze über zusätzliche Assistenten, welche vor der ersten Parkettreihe ihren Platz haben. Der Großteil der Bühnenarbeiten kann von den Zuschauern verfolgt werden, der Auf- und Abbau von Staffagen, Plateaus, Dekorationen etc. vollzieht sich buchstäblich unter Aufsicht des Publikums.
Das Ganze hat den Charakter eines elaborierten Workshops, mit faszinierenden Einblicken in das Making-of der Produktion. Zuweilen hofft man als Gast, zu Aushilfsarbeiten herangezogen zu werden, wenn ein paar Quader gesetzt oder Teppiche verlegt werden müssen. Leider vergeblich, die Bühnencrew schafft alles mühelos allein. Gestern Abend, während der Dernière von Benvenuto Cellini, konnte einem durchaus der Gedanke unterlaufen, dass man das alles sehr vermissen könnte, wenn das Opernhaus am Offenbachplatz eines Tages saniert sein wird. Und wie selbstverständlich, quasi nebenbei war die Aufführung ein Augen- und Ohrenschmaus der Extraklasse. Einzig die langweilige Einführung hielt mit dem Rest des Abends nicht mit. Bitte erzählen statt ablesen! Und der Komponist heißt Berlioz – gesprochen Berlios, nicht Berliosch! Sorgfalt und Qualität sollten auch für die Einführung gelten und sind weder Luxus noch Glücksache.
3. Oktober 2016
Turandot
Eis, das dir Feuer gibt
und durch dein Feuer noch mehr zu Eis wird!
Offenbar und undurchsichtig!
Wenn es frei dich will,
macht es mehr zum Knechte dich.
Nimmt es dich zum Knechte,
so macht es zum König dich!
Das Eis, das Feuer gibt, was ist es?
Kalaf
Mein Sieg, der dich nunmehr
mir gegeben hat!
Mein Feuer taut dein Eis: “Turandot!”
Kleiner Nachtrag zum Thema Eisbrecher…
30. September 2016
Die französische Schauspielerin Audrey Tautou (“Die fabelhafte Welt der Amélie”) soll in einem Interview gesagt haben, sie wolle lieber an Bord eines Eisbrechers sterben als in einem Altenheim. Das lassen wir mal so stehen.
28. September 2016
Chorsängerinnen und –sänger in Deutschland sind hinsichtlich zentraler soziographischer Merkmale untypisch für den Bevölkerungsdurchschnitt. Eine Studie des Instituts für Musik der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg resümiert gar “ein von der Gesamtbevölkerung eklatant abweichendes Profil”. Einem geringen Anteil von Hauptschülern steht ein hoher Anteil an Chorsängern mit höheren Bildungsabschlüssen gegenüber. Soziokulturelle Einflüsse beeinflussen Mitgliedschaften in Chören, so das Ergebnis.
Gleichzeitig singen in Deutschland nur knapp drei Prozent der Bevölkerung in Chören. Die Quote liegt höher, wohin man auch schaut – ob in Österreich, Irland, Skandinavien, Baltikum, Südafrika, USA. Vor allem Projektchöre machen den etablierten Vereinsformationen seit Jahren Konkurrenz. Wer singen will, so die Ansicht nicht weniger Insider, schließt sich einem Projektchor an. In etablierten Gesangsvereinen haben dagegen Mitglieder eher selten Interesse an Musik. Hier haben Feierabend, Geselligkeit und Austausch Priorität, unabhängig vom Bildungsgrad – was dem Ergebnis der Studie nicht entgegen steht.
26. September 2016
Am letzten Wochenende war im BR Fernsehen eine Wiederholung des Fernsehfilms Luis Trenker – Der schmale Grat der Wahrheit (R.: Wolfgang Murnberger, D/A 2015) zu sehen. Die Hauptrollen sind mit Tobias Moretti als Luis Trenker und Brigitte Hobmeier als Leni Riefenstahl besetzt. In Rückblenden, so informiert der Sender auf seiner Homepage, “wird die Geschichte zweier Opportunisten erzählt, die sich, besessen vom Willen nach künstlerischem Erfolg, instrumentalisieren ließen”. Die ZEIT schrieb nach der Erstausstrahlung, der Film sei “auch das Psychogramm zeitgenössischer Alphatiere zwischen Zwergenmut und Größenwahn, Profilneurose und Geltungsbewusstsein, Macht und Ohnmacht”. Tobias Moretti und Brigitte Hobmeier zeigen alle diese Facetten. Moretti hat seinen Trenker gründlich studiert und erweckt vor allem dessen draufgängerische Chuzpe und Schneidigkeit zum Leben. Brigitte Hobmeiers Riefenstahl zeigt deren multiple Persönlichkeit sehr sensibel und mit großer Intensität. Die Erstausstrahlung von Luis Trenker – Der schmale Grat der Wahrheit im November 2015 wurde in Deutschland übrigens von über dreieinhalb Millionen Zuschauern gesehen – ein beachtlicher Wert.
23. September 2016
Das Nichtschwimmer, ein beliebtes und in doppeltem Sinne ausgezeichnetes Restaurant in Bielefeld, wirbt in seinem Internet-Auftritt u. a. mit Zitaten bekannter Schriftsteller. Den Anfang macht Franz Kafka: “”Das Leben, eine fortwährende Ablenkung, die nicht einmal zu Besinnung darüber kommen lässt, wovon sie ablenkt.” Nach klugen Sätzen von Heine und Voltaire dann Leonardo da Vinci: “Wenn du meinst, dass im Alter die Weisheit dich nähren soll, dann eigne sie dir in deiner Jugend an, so dass dir im Alter die Nahrung nicht fehle.” Schließlich der schönste Satz – von Karl Heinrich Waggerl: “Schweigen ist ein köstlicher Genuss, aber um ihn ganz auszuschöpfen, muss man einen Gefährten haben. Allein ist man nur stumm.” Ablenkung, Nahrung, Genuss – ein gutes Restaurant ist eben alles, nur nicht Geschmacksache.
Nichtschwimmer, Arndtstr. 6-8, 33602 Bielefeld, Tel. 0521-5577530
21. September 2016
Bitte vormerken – die Termine der 2. Wetzlarer Improvisationstage 2017! Es werden wieder vier wunderbare Konzerte von großer stilistischer Vielfalt – mit experimentellen Elementen, gemischt mit vermeintlich vertrauten, gefühlt traditionellen Klängen! Mit ganz verschiedenen Formen und Verläufen, mit visuellen Umsetzungen und der Möglichkeit zum kreativen Mitmachen. Oder einfach nur zum Hören, Sehen und Staunen. Nicht verpassen!
Do, 26.01.2017
19.30 Uhr, Musikschule
context Ensemble
Improvisations-Ensemble für Stimme und Elektronik,
Sprache, Klavier und Perkussion
Fr, 27.01.2017
19.30 Uhr, Musikschule
Bassa
Tango Azul – Violine, Klarinette, Gitarre, Kontrabass
mit Beteiligung eines Tango-Paars vom Schwarz-Rot-Club Wetzlar e.V.
Sa, 28.01.2017
15.00 Uhr, FORUM Wetzlar
QuadrArt und Annette Winkels
Musik zur Malerei – Malerei zur Musik
Violoncello, Erweitertes Saxophon, Akkordeon, Piano
So, 29.01.2017
11.00 Uhr, Musikschule
La Moresca
Crossover – Höfische Musik, Tanz, Folklore
19. September 2016
Die Oper Köln setzt auch in der neuen Spielzeit ihre “Operntage” fort. An vier Terminen gibt es Karten zum Einheitspreis von € 15,00 auf allen Plätzen! Den Anfang macht am 3. Oktober 2016 Benvenuto Cellini von Berlioz. Es folgen La voix humaine (Poulenc)/Herzog Blaubarts Burg (Bartók) am 15. Januar 2017, Lucia di Lammermoor (Donizetti) am 9. April 2017 und Die Gezeichneten (Schreker) am 12. Juli 2017.
Das Angebot ist sehr attraktiv – wer Karten erwerben möchte, sollte sich also frühzeitig darum kümmern (Ticket Hotline 0221 – 22 12 84 00)!
16. September 2016
Ein örtlicher Reiseveranstalter hat uns vor gut zwei Wochen eine Konzertreise zur Elbphilharmonie nach Hamburg für März 2017 angeboten. Jetzt ist die Reise mit über vierzig Anmeldungen so gut wie ausverkauft. Natürlich ist das sehr erfreulich, aber unsereins macht sich doch Gedanken über den Hauptgrund für diesen großen Zuspruch. Ich tippe auf die Elbphilharmonie als Bauwerk, ehrlich gesagt. Das Konzerthaus wird im Januar 2017 nach fast zehnjähriger Bauzeit endlich eröffnet, und Konzept, Architektur, Akustik und äußere Erscheinung sind sicher außergewöhnlich. Allerdings gilt dies auch für die Kosten, denn immerhin schlägt das Projekt für die Steuerzahler mit rund 800 Millionen Euro zu Buche.
Das Interesse am Konzertprogramm folgt im Übrigen den Fragen nach den im Reisepaket inkludierten Serviceleistungen (Hotelstandard, Frühstücksbuffet, Stadtrundfahrt, Kartenkategorie etc.). Das Violinkonzert von Korngold und Elgars 2. Sinfonie stehen für die Teilnehmenden also wohl kaum im Vordergrund ihrer Entscheidung, bei der Konzertreise mit dabei zu sein. Bleibt trotzdem zu hoffen, dass man sich auf der Heimreise nicht nur an den Ort des Geschehens, sondern auch an die Musik erinnern wird. Die nämlich hat es allemal verdient und unterscheidet notabene eine so bezeichnete Konzertreise von einer bloßen Städtetour mit Sightseeing.
14. September 2016
Sonntag, 2. April 2017, 15.00 Uhr
Opéra de Dijon
Monteverdi, Il ritorno d’ Ulisse in patria
Regie: Mariame Clément
mit Rolando Villazón (Ulisse), Magdalena Kožená (Penelope) u. a.
Le Concert d’Astrée, Ltg. Emmanuelle Haïm
€ 57,00
Es gibt noch Karten (www.opera-dijon.fr, Tel. 00 33 – 3 80 48 82 82 ) und freie Plätze in meinem Auto. Ich bleibe allerdings ein paar Tage und fahre schon am Freitag los.
11. September 2016
40 Jahre Abitur, Klassentreffen mit Führung durch das Gymnasium und Einsichtnahme in die Abiturklausuren – das war schon etwas sehr Besonderes gestern, mit vielen Erinnerungen, Anekdoten und “Weißt du noch”-Geschichten. Nur etwa ein Drittel des Jahrgangs war gekommen, doch die berührenden Momente, das wirklich Bewegende erlebt ohnehin jeder allein und ganz für sich. Der Eintritt durch das alte Hauptportal, der Weg durch die Flure, das Lehrerzimmer, die Klassenräume. Die alte Turnhalle mit dem Parkettboden, der immer noch so aussieht wie damals, der Naturwissenschaftstrakt mit Biologie, Physik und Chemie, das ehemalige Sprachlabor, Kunstraum, Handarbeit (heute “Textiles Gestalten”). Dann der mit Spannung erwartete Musikraum, im 2. Obergeschoss, äußerlich kaum verändert, mit den eingelassenen Schränken gegenüber den Fenstern. Hier habe ich gesungen und Rhythmen geklatscht, später dann Kadenzen an die Tafel geschrieben und zum ersten Mal Alban Bergs “Wozzeck” gehört. Nebenan der Instrumentenraum, wo tatsächlich noch das alte Sperrhake-Cembalo steht und auf dem wahrscheinlich nie jemand spielt, also alles wie gehabt. Höhepunkt aber die alte Aula! Hier fanden die Schulkonzerte statt, bei denen ich als Mitglied des Schulorchesters mitgewirkt habe. Geprobt wurde immer samstags in der 5. Stunde, nach Ende des regulären Unterrichts. In der Aula hatte ich meinen ersten öffentlichen Auftritt als Dirigent und natürlich das Konzert am 26.06.1976, in dem ich als 18-jähriger Abiturient schwer verliebt meine “Fuga sabina” uraufgeführt habe, eine Komposition für Sabine, ein Mädchen aus der achten Klasse. Noch einmal auf dieser Bühne zu stehen mit ihren kleinen Seitenaufgängen, dem dunklen Vorhang, den alten Requisiten, dem Steinway-Flügel…. Ein bisschen Wehmut schwingt mit, das ist ganz normal. Es hat auch mit den immer wiederkehrenden Themen des Lebens zu tun, mit Fragen nach Zeit und Sinn und Ziel – was war, was ist, was hätte werden können und was wird noch sein? Dass ich bei der Lektüre meiner Deutsch-Abiklausur feststellen musste, dass die korrigierende Frau Studienrätin meine Arbeit schlicht nicht verstanden hatte, tat nicht weh. Dafür war das Geschenk, überhaupt noch einmal vor Ort sein zu dürfen, zu schön.
8. September 2016
Gestern Abend im Opernkurs: “Les Troyens” von Hector Berlioz, 3. Akt. Die Londoner Produktion (Royal Opera House) von 2012 liefert ein weiteres starkes Argument für die Beschäftigung mit der großen französischen Oper, diesem so speziellen Zweig des Musiktheaters. Mitreißende Chöre, kunstvolle Arien und Ensembles, eingebettet in intensive und differenzierte Orchesterklänge – dazu spielt Berlioz klug und virtuos mit den Mitteln der Dramaturgie, insbesondere mit retardierenden Momenten. Die Trojaner treffen in Karthago ein, und jeder von uns wartet mit Spannung auf die erste Begegnung zwischen Dido und Aeneas – nach der Lektüre des Librettos wissen wir, dass sie in überwältigender, tragischer Liebe zueinander entflammen werden. Dido kennt ihren künftigen Geliebten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, und so warten wir zusammen mit ihr. Doch Berlioz lässt seinen Helden erst mit einiger Verspätung auftreten, dafür allerdings imponierend kraftvoll und siegessicher. Dido ist tief beeindruckt, sie wird Aeneas in rasender Leidenschaft verfallen und ahnt bereits jetzt, dass sie ihren Gefühlen schutzlos und unkontrollierbar ausgeliefert sein wird. Wir dürfen ihr bei jedem Schritt in die Katastrophe zusehen, wir fiebern mit ihr, wir möchten ihr mit guten Ratschlägen zu Hilfe kommen, eigentlich müssten wir längst selbst auf der Bühne sein. In diesen Momenten lieben wir Berlioz und die Grand opéra und wissen, dass er stimmt, dieser Satz: Wir können alles, denn wir sind die Oper.
6. September 2016

Bereits in der letzten Woche haben wir uns in zwei Kursen mit Richard Strauss’ Alpensinfonie beschäftigt, nun folgt heute und am Donnerstag die 2003 entstandene Alpensinfonie in Bildern von Tobias Melle. Die Musik von Richard Strauss ist nicht zuletzt wegen der großen Besetzung – es spielen weit mehr als 100 Musiker u. a. Windmaschine, Donnermaschine, Glockenspiel und Herdengeläute – und der damit verbundenen kunstvollen Verwendung klanglicher Möglichkeiten ausgesprochen bildhaft. Insofern war es Tobias Melles selbstgestellte und wohlverstandene Aufgabe, die unsichtbar vorhandenen Bilder sichtbar zu machen, ohne die Musik zum Soundtrack zu degradieren. Vielmehr habe er einen “Eyetrack” geschaffen, so Melle, und liegt damit ganz richtig. Kommt üblicherweise zu bereits vorhandenen Bildern – ob Kino, Malerei oder Fotografie – die Musik erst hinzu, so unterfüttern hier sozusagen die Bilder bereits vorhandene Klänge – auf Augenhöhe, so das Wortspiel erlaubt ist.
Mit der Alpensinfonie in Bildern ist ohne Zweifel die Erfahrung einer Wanderung gelungen, wie sie Boris Baginski im Booklet der DVD beschreibt: Das ist es doch, was ein Bergerlebnis ausmacht: Die Anstrengung des Anstiegs, die Ruhe, Stille, Würde und Erhabenheit der wilden, unberührten Natur, mit all ihren Gefahren – das ermöglicht eine Selbsterfahrung, ein großes Erlebnis, ein Sich-Einordnen in die Dimensionen der Natur – und auch eine “Reinigung”. Heute scheint diese Geisteshaltung fast altmodisch, angesichts von Funsport und Erlebnisparks – aber ist nicht eine solche Form des Erlebens die weitaus großartigere und im eigentlichen Sinne die wertvollere?
4. September 2016
In zahlreichen Büchern hat der amerikanische Psychiater und Bestseller-Autor Irvin D. Yalom über seine Erfahrungen und Erlebnisse mit Patienten berichtet. Aus Gründen der Vertraulichkeit hat er die jeweilige Identität der einzelnen Patienten stark verschleiert, wie er schreibt, und immer deren Zustimmung oder schriftliche Genehmigung zur Veröffentlichung eingeholt. Die einzelnen Episoden sind durchweg unterhaltsam, der Erzählstil ist leichtfüßig und unkompliziert. Die Besonderheit liegt weniger im Inhalt bzw. in den verschiedenen Dispositionen und Ausgangssituationen seiner Besucher, sondern vielmehr in komprimierten, verblüffenden Sätzen, die sowohl seinen Patienten als auch ihm selbst entfahren. “Sie müssen die Hoffnung auf eine bessere Vergangenheit aufgeben”, sagt er zum Beispiel oder spricht über Menschen, “die zu einem Klassentreffen gehen und sich dort Hals über Kopf verlieben, manchmal in eine alte Liebe, oft in jemanden, den sie früher nicht einmal gut kannten.” Yalom nennt das “Liebe via Assoziation” und identifiziert “träumerische Erwartungen an ein aufregendes Leben, das sich märchenhaft und unermesslich” vor ihnen ausbreitet, als Grund für die Übertragung auf eine Person, die zum Symbol für Glück und Erfüllung wird, oft mit verheerendem Ausgang. An anderer Stelle geht es um kleine und große Geheimnisse. “Ich arbeite bei Starbucks”, postet jemand auf einer anonymen Website, “und wenn Kunden unfreundlich sind, gebe ich ihnen koffeinfreien Kaffee.”
Tipp: Irvin D. Yalom, Denn alles ist vergänglich; btb Verlag, München 2015
30. August 2016
29. August 2016
2016 ist das Internationale Jahr der Hülsenfrüchte. Unter der Leitung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen soll das Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit für die ernährungsphysiologischen Vorzüge von Hülsenfrüchten und den Nutzen für eine nachhaltige Landwirtschaft gestärkt werden. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung führt im Jahr der Hülsenfrüchte Veranstaltungen durch, um die Wahrnehmung des Potentials der Hülsenfrüchte in der Öffentlichkeit zu verstärken.
2016 ist auch das Wissenschaftsjahr der Meere und Ozeane, ausgerichtet vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Ein wichtiger Aspekt des Themas ist der Schutz der Meere vor den Auswirkungen von Klimawandel, Rohstoffabbau und Vermüllung.
Und 2016 ist das Jahr der Harfe, eines der ältesten Musikinstrumente der Menschheit! Schon seit ca. 3000 v. Chr. sind Hinweise auf Harfeninstrumente erhalten. Die Harfe ist ein äußerst vielseitiges Instrument und als Klangfarbe im Orchester bedeutend, eignet sich aber auch vorzüglich als Soloinstrument. Die Harfe findet nicht nur in der klassischen Musik Verwendung, sondern wird auch in anderen Genres wie Pop, Jazz und Folk eingesetzt.
So, und wer verlinkt jetzt diese Widmungen? Ozeane, Harfen und Hülsenfrüchte müssten doch zueinander gebracht werden können! Wie wär’s mit einer Neufassung der “Meuterei auf der Bounty”? Ein 2016er Infotainment-Abenteuer mit daily mushy peas und Harp Lager vom Fass. Claude-Oliver Rudolph als Käpt’n Bligh trägt eine Sonnenbrille von oceanblue. In weiteren Rollen Tom Cruise (!), Claus Kleber und Gundula Gause.
27. August 2016
Das Jahresende 1963 war ereignishaft darin, daß der Tod seine Sense schwang. Die schwarzen Raben flogen. Sie flogen auch zu Winfried Zillig. Musiker, Kapellmeister und Komponist. Schönberg-Schüler. […] Einmal wird man die Biographie dieser Generation schreiben müssen, die eine verfluchte Zeit hindurch nicht sein konnte, was sie sein wollte. Die Widerstände hätten sie stärker gemacht? Ach, die Widerstände haben sie nicht zu dem kommen lassen, was „Leben“ heißt! […] Zillig gehörte – als Komponist und Dirigent – zu jenen großen Talenten, in denen das Genie gereift wäre, wenn man ihnen Zeit dazu gelassen hätte. Statt dessen gibt man ihm Ämter.
So schrieb die ZEIT zum Jahresende 1963 und würdigte den Musiker und Autor Winfried Zillig. Was passiert – die Frage drängt sich auf – wenn das Talent die ihm angebotenen Ämter zum Zwecke der eigenen Entwicklung und Reife ausschlägt? Später im Text heißt es, es “geht jetzt darum, dass die Dirigenten die Partituren – die sehr kunstvollen und kraftvollen Partituren Zilligs – auf die Notenpulte legen”. Also doch? Was soll sich entwickeln, der Künstler oder der Kunstbetrieb? Vertragen sich Talent und Amt wirklich nicht? Nicht jedes Talent erhält ein Amt, soviel ist sicher. Doch auch nicht jeder, der ein Amt hat, hat auch Talent.
25. August 2016
Man muss einem Kritiker nur in aller Offenheit versichern, dass man kein Künstler ist, und schon führen sie ein Gespräch mit uns, als verstünde man von Kunst so viel wie sie.
Max Frisch (1911 – 1991)
23. August 2016
In der aktuellen Ausgabe von üben & musizieren findet sich eine Besprechung von Hänsel und Gretel für Streichquartett. “Eingängige Melodien, samtiger Streicherklang und romantische Hörner” seien – neben den Stimmen der HauptdarstellerInnen (wir behalten sowohl die Schreibweise als auch die Wahl der Parenthese bei) – “die wichtigsten Bestandteile von Engelbert Humperdincks Opern-Dauerbrenner”. In der Quartett-Fassung fehlen indes die Singstimmen ebenso wie die Hörner. Dies sei der “aufgeräumt” wirkenden Partitur geschuldet, heißt es in der Rezension. Überhaupt sei es “gar nicht so sehr um die Illusion des großen Orchesterklangs” gegangen” (!), “sondern mehr um eine sachgerechte Transformation in ein ganz anderes musikalisches Genre”. Überhaupt klinge ja Humperdincks Originalpartitur “teilweise etwas aufgesetzt und schwülstig”, befindet der Autor und stellt fest, die Bearbeitung “projiziert” dies aber nun “auf ein durchsichtiges, klares und etwas neutraleres Klangideal”.
Dass heutzutage jeder für sein Instrument oder für seine Besetzung alle verfügbare Musik bearbeitet, arrangiert oder sonstwie passend macht – daran haben wir uns bis hin zu Werbetrailern, Videoclips und Handy-Klingeltönen längst gewöhnt. Wir konzedieren auch gerne, dass Bearbeitungen zuweilen etwas Charmantes, gar Erschließendes, etwas pädagogisch Sinnvolles oder schlicht Schönes anhaften kann. Dazu aber vermeintliche Schwächen des Originals zu reklamieren, ist nur albern. Immerhin aber sind wir nun mit Hänsel und Gretel für Streichquartett um ein Oxymoron reicher.
20. August 2016
“Du glaubst nicht recht, was du weißt, nicht wahr?”
“Doch, schon. Ich weiß, ich liebe dich. Und ich weiß, dass Flügel eines Schmetterlings eine Blüte in China streifen können und dadurch einen Hurrikan in der Karibik auslösen – das glaube ich. Man kann sogar die Chancen ausrechnen. Ist nur nicht wahrscheinlich. Und es dauert so lange.”
Havanna. R.: Sydney Pollack. Drehbuch: Judith Rascoe, David Rayfiel. USA 1990. Deutsche Synchronfassung.
18. August 2016

Während der letzten Woche habe ich ein paar Tage in Berlin verbracht und dort u. a. eine Aufführung der Shakespeare Company Berlin miterlebt: “Macbeth!” nach William Shakespeare. Die Company selbst schreibt in ihrem Flyer, dass sie mit einer der großen Tragödien Shakespeares neue Wege geht und im Spiel zugleich ihrer Tradition des Volkstheaters treu bleibt. Eine neue Übersetzung, Live-Musik und Chorgesang als Hexenprophezeiung sind dabei Bestandteile einer Reise jenseits der eigenen Ängste.
Insgesamt bieten die sechs Schauspieler in verschiedenen Rollen über 2½ Stunden Theaterkunst auf hohem Niveau, wenngleich sich manche Änderung im Vergleich zum Original nicht unmittelbar erschließt. So leuchtet nicht recht ein, warum Teile des Schlussmonologs Macbeth’s gleich zu Anfang aus dem Munde von Lady Macbeth zu vernehmen sind und obendrein trotz des abgründig-zynischen Inhalts recht salopp klingen. Auch über den einen oder anderen Aktualitätsbezug hätte sich Shakespeare vermutlich gewundert, und wohl nicht nur er. Doch sei’s drum – das Ensemble findet zu einer starken, ausdruckswilligen Gesamtleistung. Insbesondere die Musikbeiträge sind kunstvoll improvisiert und von madrigaleskem Charme. Outdoor! – zu fortgeschrittener Stunde setzt wegen der geringen Abendtemperatur ein spürbares Frösteln ein (oder doch wegen des Machthungers der Lady?), aber da haben Herz und Gemüt längst Feuer gefangen und wärmen von innen.
16. August 2016
Posillipo ist ein Stadtteil von Neapel und liegt südwestlich des historischen Zentrums. Der Name leitet sich ab vom antiken Pausilypon, was soviel wie „schmerzstillend“ oder „Ende des Leidens“ bedeutet, ähnlich wie Sanssouci. Die antike Villa Pausilypon ist über die Grotta di Seiano zu erreichen, einen 770 Meter langen Tunnel, der während der Regierungszeit des Tiberius erbaut wurde. Es gibt zahlreiche Schönheiten, mit denen Posillipo aufwartet, die Villa Pausilypon ist nur eine davon. Eine großzügige Villa mit eigenem Amphitheater bot bereits vor zweitausend Jahren jeden erdenklichen Komfort. Am aufregendsten ist der Blick auf La Gaiola, eine kleine vorgelagerte Insel. Auf dem nur wenige Quadratmeter großen Eiland ließ ein italienischer Politiker im 19. Jahrhundert eine prächtige Villa erbauen, die noch heute dort steht, geheimnisumwittert und verfallen, gleichwohl mit bezwingendem Charme. Mit ein paar Schwimmzügen erreicht man La Gaiola, schaut aufs Meer, zum Strand oder paddelt zwischen den Felsen hindurch. Oder, wie gesagt, man bleibt oben auf dem Hügel und schaut dem Treiben zu. Auf dem Weg zurück ins Stadtzentrum von Neapel bewundert man den Palazzo Donn’Anna, eine spektakuläre, direkt am Wasser liegende und teilbewohnte Ruine aus dem 17. Jahrhundert. Danach isst man bei “Reginella” eine Pizza con melanzane grigliate, die es nirgendwo besser gibt. “La dolce vita” kann ganz einfach sein.
Pause bis zum 15. August 2016
12. Juli 2016
Die Wetzlarer Neue Zeitung schreibt zum Abschlusskonzert des diesjährigen Chorprojektes der Wetzlarer Musikschule:
Haydn trifft Genzmer
Wetzlar. Seit zwölf Jahren lädt die Musikschule zum sechsmonatigen Chorprojekt ein. Jedes Jahr zu einem anderen Thema. Diesmal haben sich die 30 Sängerinnen und Sänger Chormusik aus zwei unterschiedlichen Jahrhunderten vorgenommen. Die Spannung zwischen den Werken habe den Reiz ausgemacht, erklärte Schulleiter Thomas Sander vor 70 Besuchern im Saal der Musikschule. Ausgewählt hatte er Chormusik von Haydn (1732 – 1809) und Harald Genzmer (1909 – 2007). Dass verschiedene Jahrhunderte verschiedene musikalische Ausdrucksformen hervorbringen, stellte der Chor eindrücklich vor. Sander erläuterte die Besonderheiten der Stücke. War Genzmer eher unbekannt, so folgte mit Haydn ein überaus bekannter Komponist. Aus dessen mehr als 1000 Werken hatte Sander drei Stücke ausgesucht, die dieser nach Texten aus dem frühen 13. Jahrhundert geschaffen hat. Das Publikum in der Musikschule hatte seine Freude und dankte mit viel Applaus.
(Text und Foto: Lothar Rühl)
10. Juli 2016
Nach fast drei Tagen wirkt die Aufführung von La Juive im Nationaltheater Mannheim immer noch nach. Ein großes Opernerlebnis, eindrucksvoll und bewegend. Das macht zum einen die Musik von Halévy, die jede emotionale Stimmung auf den Punkt bringt und im wahrsten Sinne des Wortes situativ und taktgenau den richtigen Tonfall trifft. Zum anderen liegt die Wirkung im Ausdrucksvermögen der Sängerinnen und Sänger – hier bietet vor allem Roy Cornelius Smith in der Rolle des Éléazar eine glänzende Vorstellung und rührt mit seiner Arie “Rachel, quand du Seigneur” das Publikum zu Tränen. Unter der musikalischen Leitung von Alois Seidlmeier kreieren die übrigen Solisten ebenso wie Chor und Orchester eindrückliche, intensive Klänge. Die Inszenierung von Peter Konwitschny positioniert sich zum Thema der Oper, also zu den Auswüchsen ideologischer Verblendung und den verheerenden Folgen von religiösem Fanatismus, in beklemmenden Bildern. Noch lange wirkt das Finale des dritten Aktes nach – der Chor agiert hier als intolerante, gehässige, aufgeputschte Menge und produziert im rhythmischen Staccato Sprengstoffgürtel am Fließband. Die Szene geht sehr unter die Haut und zeigt auf flamboyante Weise, wozu Theater fähig ist.
In Mannheim wird La Juive während der kommenden Spielzeit leider nicht mehr zu sehen sein. Die Opéra National du Rhin in Straßburg zeigt das Stück in Konwitschnys Inszenierung im Februar 2017. In der Inszenierung von Calixto Bieito bringt die Bayerische Staatsoper La Juive im Oktober dieses Jahres.
8. Juli 2016
Es gibt nur zwei Arten von Musik: gute und schlechte. Es kommt nicht darauf an was du spielst, sondern wie du spielst.
Louis Armstrong (1901 – 1971)
6. Juli 2016
Heute ist Tag des Kusses. Wissenschaftler sagen, dass Küssen das Immunsystem stärken und Stress abbauen kann. Außerdem würden beim Küssen alle 34 Gesichtsmuskeln trainiert. Die meisten Philematologen, also Kussforscher, sehen im Küssen ein romantisch-sexuelles Verhalten. Die im 19. Jahrhundert verbreitete These, dass Chinesen den Kuss der Europäer für eine abstoßende Spielart von Kannibalismus halten, findet heute außer bei Kabarettisten und Sakralsektierern keine Anhänger mehr. Interessanter übrigens als die Erkenntnis, dass ein Mensch in 70 Lebensjahren durchschnittlich mehr als 76 Tage mit Küssen verbringt, ist das Ergebnis einer Studie, wonach zwei Drittel der Menschen beim Küssen den Kopf nach rechts neigen. Wenn man der Theorie anhängt, dass das Küssen seine Wurzeln nicht in der tierischen Brutpflege und in Fütterungsritualen hat, sondern die Ursprünge im Beschnüffeln und Belecken des Hinterteils bei Begegnungen von Vierbeinern liegen und diese Geste sich beim Aufrichten des Menschen von unten nach oben verlagert hat – ja, dann ergibt die Aufforderung “Du kannst mich mal am A…. lecken” einen ganz neuen Sinn! Ob der Großteil der Vierbeiner das Hinterteil dabei nach rechts geneigt hat, ist wissenschaftlich nicht erforscht.
4. Juli 2016
Termin der Woche: Do, 7. Juli, 19.00 Uhr, Nationaltheater Mannheim: Fromental Halévy, La Juive
Koproduktion des Nationaltheaters Mannheim mit dem Kunsthuis Opera Vlaanderen (Belgien)
Die Derniére, doch für mich gleich zwei Premieren: Ich war noch nie im Mannheimer Nationaltheater, und ich habe Halévys La Juive noch nie auf der Bühne gesehen. Eine mitreißende, packende Geschichte von Hass, Rache und religiösem Fanatismus, von Fromental Halévy, dem Schwiegervater Georges Bizets, ebenso stark und beeindruckend vertont!
Kardinal Brogny und der Jude Eléazar haben eine gemeinsame Vorgeschichte: Brogny verurteilte die Söhne des Juden zum Tod auf dem Scheiterhaufen, Eléazar rettete unerkannt Brognys Tochter aus einem brennenden Haus. Unter dem Namen Rachel zieht er sie in jüdischem Glauben auf. Ihrem leiblichen Vater hat er jedoch nie verziehen. Reichsfürst Léopold verliebt sich in die schöne vermeintliche Jüdin, obwohl er bereits mit der Nichte des Kaisers verbunden ist. Eine Ehe mit Rachel ist unmöglich, doch Vater und Tochter fühlen sich verraten. Rachel macht ihre Beziehung mit Léopold öffentlich, Brogny lässt hierfür alle drei in den Kerker werfen. Eine nachträgliche Entlastung rettet Léopold, der Jude und seine vermeintliche Tochter aber werden zum Tode verurteilt. In dem Moment, in dem Rachel stirbt, eröffnet Eléazar Brogny ihre wahre Identität. Die Handlung bettet einen Privatkonflikt in eine historische Situation ein, das Konzil von Konstanz 1414, und eröffnet Halévy vielfältige kompositorische Möglichkeiten. Einerseits charakterisiert er die Hauptfiguren auf eindringliche Weise, was sich in expressiver Melodik zeigt. Andererseits nutzt er die Volksszenen zu großen Tableaus, die in ihrer Kraft bestechen und einen starken klanglichen Sog entfalten. Hierbei verwendet Halévy eine damals neuartige Klangmischung, in der er die tiefen Bläser hervorhebt. Der anhaltende große Erfolg dieser Oper machte Halévy zum wichtigsten Vertreter der Grand opéra nach Meyerbeer. (Quelle: NTM)
1. Juli 2016
Die Uraufführung von Gustav Mahlers 6. Sinfonie – wir haben uns in dieser Woche mit dem Werk näher beschäftigt – fand 1906 im Essener Saalbau statt. Es spielten die Essener Philharmoniker, gemeinsam mit dem Utrechter Sinfonieorchester, unter der Leitung des Komponisten. Der Essener Saalbau war nur zwei Jahre zuvor feierlich eingeweiht worden, es dirigierte Richard Strauss. 1913 führte Max Reger hier seine Böcklin-Suite zum ersten Mal auf, und auch in den nachfolgenden Jahren war der Saalbau mehrfach Schauplatz großartiger musikalischer Darbietungen. Bei einem Bombenangriff im Juli 1943 erlitt das Konzerthaus schwerste Schäden, wie im Übrigen die gesamte Essener Innenstadt. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand ein modernisierter Wiederaufbau im schlichten Stil. In den Jahren 2002 bis 2004 wurde der Saalbau als Sitz der Philharmonie Essen vollständig renoviert und mit neuer technischer Ausstattung versehen. Am 4. Juni 2004 fand die Wiedereröffnung des neuen Konzert- und Veranstaltungsortes statt.
Heute lese ich, dass der frühere Bundeswirtschaftsminister und derzeitige Chef der RAG-Stiftung, Werner Müller, einen Solidarpakt im Volumen von 50 Milliarden Euro für das Ruhrgebiet fordert. Mit dem Geld könnten Straßen saniert und ganze Stadtviertel attraktiv gemacht werden, ebenso könnte man Unternehmen ansiedeln. Mindestens 200 Milliarden Euro seien in den Aufbau Ost geflossen, so Müller, auch viel Steuergelder der Bürger des Ruhrgebiets. Auf den Aufbau Ost müsse nun der Aufbau West folgen. Müller beklagt, dass die Infrastruktur und manche Stadtteile “verkommen”, dass es Viertel in Duisburg, Dortmund und im Essener Norden gibt, “da möchte niemand wohnen oder seinen Betrieb haben. Wir können die gut fünf Millionen Menschen im Ruhrgebiet nicht hängen lassen.”
Wir pflichten dem bei, ohne Vorbehalt. Und hoffen inständig, dass der ersehnte Solidarpakt so rasch wie möglich auf den Weg gebracht wird und – nicht minder wichtig – dabei die richtigen Prioritäten gesetzt werden, gerne in Erinnerung an ein Wort des ehemaligen Landesvaters von Nordrhein-Westfalen und späteren Bundespräsidenten Johannes Rau: “Wenn wir Musik und Sport und Kunst für die Sahne auf dem Kuchen halten und nicht für die Hefe im Teig, dann verstehen wir unsere Gesellschaft falsch.”
29. Juni 2016
Mit ein bisschen Glück kann ich vor meiner Neapel-Reise noch an einem Crash-Kurs Italienisch teilnehmen. Das wäre schön, denn im Ausland gebietet die Höflichkeit, wenigstens ein paar Versatzstücke der Konversation in der Landessprache zu beherrschen. Etwas mehr als “buongiorno”, “il conto per favore” oder “non è possibile” würde ich schon gerne sagen können. Doch kein Italiener erwartet, dass ich mit ihm die Rolle Italiens in der EU diskutiere, schon gar nicht auf italienisch. Vielleicht doch noch auf englisch? Seit dem Brexit wird ja unter den EU-Delegierten darüber gesprochen, was denn nun Verhandlungssprache sein soll, so ganz ohne die Briten. Also wie wär’s mit italienisch? Lässt sich schnell lernen und vor allem gut singen (wenn’s mal mit dem Verhandeln schwierig werden sollte). Und “fruttivendola” klingt einfach schöner als “fruiterer”, das würde jede Obstverkäuferin bestätigen.
Vincenzo Campi, La Fruttivendola
27. Juni 2016
Nachdem Jerome Boateng nun sein erstes Länderspieltor geschossen hat, noch dazu im Achtelfinale eines wichtigen Turniers und obendrein mit verhärteter Wadenmuskulatur, wollen ihn wohl endgültig alle als Nachbarn haben. Naja, vielleicht nicht alle. Wann klappt’s denn mit dem Nachbarn? Dazu könnten sich Raab oder Böhmermann mal was Kreatives überlegen. Vielleicht eine Sendung ohne Bild und Ton, sozusagen Kopfkino ohne Einschalten, dafür mit Abschalten. Wir sehen fern, sehr fern. Glotzenlose Nachbarschaftshilfe als psychomentale Recreation. Zu anspruchsvoll? Lieber eine Sendung mit Entertainplacebo, variierenden Bildpausen und spontaner Irritation? “Ist der Bildschirm schwarz, oder gibt Boateng gerade ein Interview?” Deutschland sucht den Supernachbarn, Alexander Gauland im Gespräch mit Thorsten Legat. “Wie sind Sie zum Fußball gekommen?” “Immer die Castroper Straße hoch.” Aus, aus, aus, aus!!! Das Spiel ist aus!!!!
24. Juni 2016
22. Juni 2016
Die nächste Opernreise der Wetzlarer Musikschule findet vom 10. – 13. November 2016 statt und geht nach Amsterdam (De Nationale Opera). Auf dem Programm steht eine szenische Aufführung des Oratoriums Jephta von Georg Friedrich Händel (Regie Claus Guth). Die Titelpartie singt Richard Croft, in weiteren Rollen sind Wiebke Lehmkuhl, Anna Prohaska, Bejun Mehta, Florian Boesch und Anna Quintans zu hören. Es spielt Concerto Köln, die musikalische Leitung hat Ivor Bolton.
“Wir versuchen immer”, so hat die Regisseurin Lydia Steier einmal erklärt, “einen Draht zu ziehen zwischen einer anderen Zeit und unserer Zeit, sonst hat es keinen Sinn, diese Stücke zu präsentieren.” Nach der Lektüre der Amsterdamer Homepage dürfen wir in diesem Sinne von einer Inszenierung ausgehen, welche die alttestamentarische, persönliche Tragödie Jephtas mit einer aktuellen Botschaft in der Bedeutung der Mahnung, des Mementos verknüpft. Claus Guth erzählt die alte Geschichte eines Verlierers, der versucht, dem unseligen Kreislauf seines Lebens zu entkommen. Das Individuum trifft falsche Entscheidungen und vergibt Chancen – desozialisiert, zermürbt und aufgerieben zwischen Hoffnung und Angst.
Jephta ist Händels letztes Oratorium. Er vollendet es, beinahe vollständig erblindet, im August 1751. Im zweiten Akt vermerkt er beim Chor „How dark, O Lord, are Thy decrees“ in deutscher Sprache „biß hierher komen den 13 Febr. 1751 verhindert worden wegen so relaxt des gesichts meines linken auges“.
20. Juni 2016
Katzenjammer ist was Schönes, solange es sich um die Folk-Rock-Band aus Norwegen handelt. Anne Marit Bergheim, Solveig Heilo und Turid Jørgensen (bis 2015 auch Marianne Sveen) spielen eine stilistisch schwer einzuordnende Musik, die zuweilen nach Tanz und Jahrmarkt klingt, nach Bar und Zirkus, nach Sonne und Wind. Die Stücke sind häufig sehr sinnlich und erzählen von Sehnsucht und Lust, von Schmerz und Verzeihen, von Träumen und Aufbruch. Katzenjammer singt vom richtigen Leben, so wie wir es uns wünschen, wie es sein kann, wie es ist.
17. Juni 2016
Hitchcock hat noch ganz andere Sachen gesagt, zum Beispiel: “Ich finde, die englischen Frauen, die Schwedinnen, die Norddeutschen und die Skandinavierinnen sind interessanter als die romanischen, die Italienerinnen und die Französinnen. Der Sex darf nicht gleich ins Auge stechen. Eine junge Engländerin mag daherkommen wie eine Lehrerin, aber wenn Sie mit ihr in ein Taxi steigen, überrascht sie Sie damit, dass sie Ihnen in den Hosenschlitz greift. […] Ich brauche Damen, wirkliche Damen, die dann im Schlafzimmer zu Nutten werden. Der armen Marilyn Monroe konnte man den Sex vom Gesicht ablesen, auch Brigitte Bardot, und das ist nicht besonders fein. […] Die [haben] nur schlechte Filme gedreht. Warum? Weil es mit ihnen keine Überraschung gibt, folglich auch keine guten Szenen.”
Marilyn Monroe und Brigitte Bardot haben mit Regisseuren wie Howard Hawks, Billy Wilder, Otto Preminger, John Huston, George Cukor, Anatole Litvak, Henri-Georges Clouzot und Louis Malle gearbeitet. Es ist unwahrscheinlich, dass Hitchcock den genannten Regie-Kollegen oder den Schauspielerinnen seine Ansichten auf direktem Wege übermittelt hat. Vielleicht hat er ihnen Kondome zukommen lassen – mit Packungsaufdruck: Warnung! Griffe in den Hosenschlitz beeinträchtigen das Urteilsvermögen.
16. Juni 2016
Kunst kommt für mich vor Demokratie.
Alfred Hitchcock (1899 – 1980)
14. Juni 2016
Vor vielen Jahren hielt mich spätabends die Gelsenkirchener Verkehrspolizei an, weil ich auf der B 227 sehr langsam unterwegs war. Die Beamten fragten nach dem Grund meiner sedierten, tranceartigen Fahrweise, und ich erklärte, dass ich gerade im Musiktheater ein Sinfoniekonzert mit Mahlers Dritter gehört hatte: “Sie wissen schon, die mit dem entrückten D-Dur-Adagio.” Die etwas ratlosen Polizisten verzichteten auf einen Alkoholtest, empfahlen ein für eine Schnellstraße angemessenes Tempo und wünschten einen guten Heimweg.
Ich hatte bis zu diesem Tag keine Vorstellung davon, dass der Schlusssatz (Langsam. Ruhevoll. Empfunden) wie ein Zaubertrank wirkt und – wie la-belle-epoque schreibt – “uns in den Zustand der inneren Erschöpfung, aber auch der geistigen und seelischen Erfüllung und des vollkommenen Glücks” hebt. Der programmatische Zusatz “Was mir die Liebe erzählt” verweist auf ein sinfonisches Finale, wie es kein vergleichbares gibt. Wir besprechen Mahlers 3. Sinfonie heute und am Donnerstag im Kurs.
13. Juni 2016
Es ist – ich gebe es zu – einer meiner Lieblingsfehler, und es war klar, dass er pünktlich zu den Übertragungen der Fußball-Europameisterschaft wieder auftauchen würde. Meiner Erwartung entsprechend sagte also gestern der Kommentator während seiner Live-Reportage wieder gewunken statt gewinkt. Daran habe ich mich mit heiterer Resignation gewöhnt und zitiere hier gerne Eduard Engel, der schon 1918 in seinem Werk Gutes Deutsch. Ein Führer durch falsch und richtig schreibt: “Von winken gibt es in Süddeutschland ein, dort ernst gemeintes, gewunken; in Norddeutschland wird es nur bewußt drollig gebraucht.” Ob der besagte Fußballkommentator Süd- oder Norddeutscher ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Noch 1998 stellt der Duden fest: “Das unregelmäßige 2. Partizip gewunken dringt heute, obwohl es hochsprachlich nicht als korrekt gilt, über das mundartliche hinaus.” Doch schon in der Ausgabe von 2005 steht gewunken kommentarlos neben dem als Hauptform gekennzeichneten gewinkt. Leider empfiehlt auch das grammatische Informationssystem des Instituts für deutsche Sprache (ids), dass der “Verteufelung von gewunken das Lebewohl zugewunken” werden sollte und rät dann allen Ernstes, bei einem eher konservativen Adressaten vielleicht doch großzügig gewinkt zu schreiben.
Ich bin da weniger konziliant. Erst wenn die Sterne geblunken haben und ich mit gezunkenen Karten über die Straße gehunken bin – dann werde ich auch gewunken akzeptieren.
10. Juni 2016

Den Uhund haben eine Schülerin und ich vor Jahren während einer Klavierstunde entdeckt. Wir sprachen über Zählzeiten im Dreivierteltakt und behandelten die Unterteilung in Achtel und Sechzehntel. “1 – 2 – 3” zählten wir gemeinsam die Viertel, dann “1 und 2 und 3 und” die Achtel.
“Jetzt die Sechzehntel”, sagte ich. “1 uhund 2 uhund 3 uhund….”
“Uhund?”, fragte meine Schülerin.
“Ja, Uhund. Das Sechzehntel-Tier”, bestätigte ich.
“Das Sechzehntel-Tier?”
“Ja, eine Kreuzung aus Uhu und Hund. Uhund eben. Ein Tier für unterteilte Zählzeiten.”
“Ich verstehe. Ist bestimmt sehr musikalisch. Ruft und bellt nur in Sechzehnteln, oder?”
“Genau. Und sieht cool aus.”
8. Juni 2016

Hab jetzt 6 Solosonaten für die Geige allein geschrieben. Mir geht’s gut, wie’s den Geigen geht dabei, weiß ich nicht.
Max Reger, 1905
Eine Bewertung des Werkes von Max Reger (1873 – 1916) fällt der Musikwelt seit jeher nicht leicht. Von einer konsensualen Einschätzung kann keine Rede sein, wenngleich der kompositorische Rang nie bestritten wird – von Igor Strawinsky einmal abgesehen, der Regers Musik ebenso wie dessen Erscheinung abstoßend fand. Der junge Sergei Prokofjew hingegen war von Reger fasziniert, und von Paul Hindemith sind die Sätze überliefert: “Max Reger war der letzte Riese in der Musik. Ich bin ohne ihn gar nicht zu denken.” Reger selbst erwartete, dass man ihn als reaktionär bezeichnen und zum alten Eisen werfen würde. Vielleicht wäre er über die zahlreichen Veranstaltungen, Konzerte und CD-Produktionen anlässlich seines 100. Todestages einigermaßen erstaunt.
Regers Musik ist schwer, technisch wie musikalisch. Bisweilen entziehen sich Interpreten den Mühen der Einstudierung, zumal ein ungeteilt positives Echo im Konzertsaal nur von ausgewiesenen Kennern zu erwarten ist. Reger hat seine eigene Gemeinde von Bewunderern, doch das Abonnentenpublikum tut sich schwer. Ein erster Zugang kann sich – wenn überhaupt – nur über den Ausdrucksgehalt der Musik erschließen, ein satztechnisches oder harmonisches Verständnis ist für Laien so gut wie unmöglich. In Abwandlung des oben genannten Zitats wäre die Frage “wie’s dem Hörer dabei geht” nur allzu berechtigt, nicht nur in Bezug auf die Sonaten für Geige.
5. Juni 2016

Wetzlarer Neue Zeitung, 5. Juni 2016
SCHWELGEN IN ERINNERUNGEN
EIN ABEND FÜR MARILYN MONROE
WETZLAR. Es sollten 90 Minuten für 90 Jahre werden. So Thomas Sander am Mittwochabend in der Musikschule. Eine Ehrung für Marilyn Monroe, die am 1. Juni 90 Jahre alt geworden wäre. Tatsächlich wurde der Vortrag etwas länger, aber es hatten sich auch deutlich mehr als 90 Besucher eingefunden, um sich in die Zeit von Hollywoods Glanz und Glamour entführen zu lassen und in alten Liedern und Erinnerungen zu schwelgen.
Er sei weniger ein Fan als vielmehr ein Bewunderer und Kenner des Werks der meistfotografierten Frau des 20. Jahrhunderts, sagte Sander im Anschluss seines Vortrags. Das war dem Leiter der Musikschule im Verlauf des Abends deutlich anzumerken. Ohne Notizen hielt der den über anderthalbstündigen Vortrag frei. Er touchierte kurz die Kindheit der Schauspielerin und ging dann nahtlos zu der Zeit über, in der aus der von Pflegefamilie zu Pflegefamilie abgeschobenen und bereits mit 16 Jahren verheirateten Norma Jeane Baker die Filmikone Marilyn Monroe wurde.
Model und B-Movie-Darstellerin sei sie zunächst gewesen, aber spätestens mit Sanders erklärtem Lieblingsfilm “Niagara” (1953) habe sie zeigen können, welches schauspielerische Talent in ihr steckte. Doch Niagara sei nicht nur ein brillant inszenierter Thriller gewesen, konstatierte Sander. Auch durch den monothematischen Einsatz der Filmmusik, dem Song “Kiss me”, habe sich dieser Film von anderen seiner Zeit hervorgehoben. Zur genaueren Untermalung seiner These setzte sich Sander ans Klavier und spielte die musikalische Sequenz, die im Film orchestral, jazzig, lasziv gesummt und unter der Dusche gesungen auftaucht und sogar vom Geläut der Kirchenglocken intoniert wird. Erst die letzte Szene des Films verzerrt die Melodie durch eine düster-bedrohliche Verschiebung in Moll. “Sie sind so still,” bemerkte Sander die Wirkung, die sein Spiel hatte, lächelnd.
Doch nicht allein Marilyns künstlerisches Schaffen hatte er im Visier. Er zitierte Passagen aus Biografien und zeichnete so ein facettenreiches Bild der zu Lebzeiten oft verkannten Schauspielerin. Immer wieder sorgte Marilyn Monroe für Überraschungen. Plante der Regisseur vier Tage für eine komplizierte Szene, reichten 20 Minuten. Dafür musste der Satz “Wo ist der Whisky” aus “Some Like it Hot” 65 Mal gedreht werden. Die Filmausschnitte waren hervorragend gewählt. Das Publikum schwankte zwischen Tränen und Gelächter, erinnerte sich an Lieblingsfilme und entdeckte neue. 90 Minuten reichten bei Weitem nicht aus, um alles über Marilyn Monroe abzudecken. (bon)
3. Juni 2016
Zum Frühstück lese ich heute in der Tageszeitung, dass die Entscheidung darüber, ob Uli Hoeneß nochmals einen hochrangigen Posten bei Bayern München übernimmt, bis Ende dieses Monats fallen wird. So steht es tatsächlich geschrieben – bis Ende dieses Monats. Dieses, nicht diesen. Oh Wunder! Wie hatten wir uns schon an Wendungen wie “zum Ende diesen Quartals” oder “Kinder diesen Alters” gewöhnt! Komisch, niemand spricht bisher von den “Fenstern diesen Hauses” oder den “Früchten diesen Feldes”. Aber das kommt womöglich noch, wer weiß. Vielleicht bis zum Ende diesen… äh, dieses Jahres.
Weiter lese ich, dass der Geschäftsführende Direktor des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin, eine ausreichende öffentliche Finanzierung für Theater und ihre Beschäftigten fordert. Völlig zu Recht stellt er fest, dass die Mitarbeiter an Theatern immer mehr arbeiten, aber dabei nicht mehr, sondern eher weniger verdienen. Darüber hinaus fällt uns immer dann ein, so Bolwin, dass der Staat zu wenig Geld hat, wenn es um Bildung und Kultur geht. An Bund und Länder appeliert er, Kommunen in ausreichender Weise mit Steuermitteln auszustatten, “schließlich gehört das kulturelle Angebot zur Lebensqualität einer Stadt. Es zieht doch keiner nach Dortmund, weil dort so ein gut funktionierendes Einwohnermeldeamt existiert.”
30. Mai 2016

In einem seiner letzten Interviews sprach Roger Willemsen auch über Paarbeziehungen und unterschied dabei deduktive von induktiven Herangehensweisen. Viele Menschen, so sagte er sinngemäß, pflegen einen deduktiven Zugang in der Weise, dass sie genaue Vorstellungen hinsichtlich einer Beziehung haben und sich danach den Partner aussuchen. Er selber dagegen könne nur induktiv vorgehen und zunächst einen Partner finden, um anschließend zu sehen, was mit diesem in welcher Form zusammen möglich ist.
Das erinnerte mich sofort an Robert Carsens Pariser Tannhäuser-Inszenierung. Darin läuft der tragische Held während der ganzen Zeit mit einem fertigen Rahmen durch die Welt und sucht dazu das passende Bild. Er könnte sich viel Kummer ersparen, wenn er zunächst das Bild finden würde, für das er sich entscheiden will. Anschließend könnte er sich in Ruhe überlegen, welcher Rahmen dazu passen könnte, ja ob sein Bild überhaupt gerahmt werden muss oder soll. Machen wir also uns und andere nicht unglücklich durch das Festhalten an alten Rahmen und Begrenzungen! Überprüfen wir unsere eigenen Denkmuster, dann können wir mit George Bernard Shaw sagen: “Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Jedesmal nimmt er neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Annahme, sie würden noch auf mich passen.”
28. Mai 2016

Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass ich bestimmte Geschichten so oft erzählt habe, dass ich nicht mehr weiß, ob ich sie wirklich erlebt habe. Ich wusste eine Zeitlang noch, dass ich sie wirklich erlebt habe, aber irgendwie haben die sich dann verselbständigt. Geschichten drängen sich zwischen die Wirklichkeit, und man weiß es nicht mehr. Also, ich weiß, dass ich nie mit der Monroe geschlafen habe und daher auch nie ’ne Geschichte darüber erfunden habe.
Hellmuth Karasek (1934 – 2015) im Jahre 2012 in einem Interview auf die Frage, ob der Regisseur Billy Wilder für eine gute Geschichte das eine oder andere zurechtgebogen habe, wie glaubwürdig dessen Erzählungen seien und ob Wilder nicht jemand ist, der “die Wahrheit sagt, selbst wenn er lügt”.
An einer anderen Stelle des Gesprächs ist von “heiligen Stätten” die Rede und wie man sich freut, wenn man selbst dort ist. Orte, an denen die großen Stars übernachtet oder sich anderweitig aufgehalten haben. Das kann ich gut verstehen. Ich würde zum Beispiel gerne mal eine Nacht im Hotel Crowne Plaza Niagara Falls verbringen, Zimmer 801. Marilyn Monroe hat dort während der Dreharbeiten zu Niagara gewohnt. Sollte dieser Wunsch jemals in Erfüllung gehen, wäre es schön, wenn ich hinterher wüsste, dass ich es wirklich erlebt habe. Wenn nicht, würde ich die Geschichte wahrscheinlich erfinden. Sie wäre sogar wahr.
25. Mai 2016
Mir fehlt etwas, wenn ich keine Musik höre, und wenn ich Musik höre, fehlt mir erst recht etwas. Dies ist das Beste, was ich über Musik zu sagen weiß.
Robert Walser (1878 – 1956)
24. Mai 2016
Das Wichtigste beim Komponieren sei der Radiergummi, hat Igor Strawinsky einmal gesagt. Die Kunst, ganz wörtlich, liegt also im Weglassen. Weglassen kann in der Kunst aber nur jemand, der die Fülle kennt und weiß, welche Extrakte, Konzentrationen und Verknappungen überhaupt formuliert werden können. Vom Herzen in den Kopf, dann aufs Papier. Über den Klang in die Köpfe und Herzen der Zuhörer, ins Leben.
Beim kürzlich ausgetragenen Eurovision Song Contest (ESC) belegte der deutsche Beitrag den letzten Platz. Bei der Jury wie auch bei den Fernsehzuschauern fiel der Beitrag durch. Sängerin Jamie-Lee (18) glaubt zu wissen, woran es lag: “Ich glaube, mein japanischer Manga-Style. In Deutschland hatten die Leute genug Zeit zu verstehen, warum ich so rumlaufe. Bei Europa war es zu wenig Zeit, mich kennenzulernen und zu verstehen, denke ich.“ Hm, der japanische Manga-Style…. Vielleicht lag es schlicht am fehlenden Radiergummi?
22. Mai 2016
20. Mai 2016
“Operetten gelten als muffig und spießig – ein Irrtum, denn diese unerhörte musikdramatische Kunst birgt bei aller Ironie ein utopisches Potential, das spielerisch die Welt aus den Angeln heben möchte.” Der Literaturwissenschaftler Volker Klotz kommt zu diesem Befund und bezeichnet die Operette als “unerhörte“ Gattung (wie schön!), als ein im besten Fall dramaturgisch wie musikalisch „aufsässiges Bühnenstück, das wider erstarrte und verhockte Lebenshaltungen“ anrennt.
Spielerisch die Welt aus den Angeln heben – wer von uns wollte das nicht oder hat nicht wenigstens einmal davon geträumt? Und wollten wir nicht sowieso gegen erstarrte und verhockte (oder war es verbockte … verzockte?) Lebenshaltungen anrennen? Was ist daraus geworden? “Früher war mehr Operette”, so könnten wir in Abwandlung eines bekannten Bonmots sagen, und damit sind nicht nur die Spielpläne der Theater gemeint. Warten wir nicht immerfort und tun so, als hätten wir ewig Zeit! Und halten wir uns an ein Wort von Robert Stolz, einem der größten Komponisten von Operetten und Filmmusiken: “Es bleibt einem im Leben nur das, was man verschenkt hat.”
18. Mai 2016

It’s true we don’t know what we’ve got until its gone, but we don’t know what we’ve been missing until it arrives. Pleasure of love lasts but a moment, pain of love lasts a lifetime.
Bette Davis (1908 – 1989)
16. Mai 2016
Hier noch einmal zwei Passagen aus Lord Alfred Tennysons Ulysses (1833, veröffentlicht 1842). Der zweite Teil wird zitiert im James-Bond-Film Skyfall (2012). Ein Gesang der Erkenntnis, Beharrlichkeit und Zuversicht, umspielt von milder Trauer, dabei sehr klug und von großer Klarheit.
Ich kann nicht rasten vom Reisen, ich will das Leben
trinken bis zum letzten Tropfen. Ich habe es jederzeit sehr genossen,
habe sehr gelitten, sowohl mit denen,
die mich liebten, als auch allein.
Sind wir auch länger nicht die Kraft,
die Erd‘ und Himmel einst bewegte,
so sind wir dennoch was wir sind;
Helden mit Herzen von gleichem Schlag,
geschwächt von Zeit
und von dem Schicksal;
doch stark im Willen
zu ringen, zu suchen, zu finden.
Und nie zu weichen.
15. Mai 2016
Ich war im 5. oder 6. Semester, als ein Kommilitone aus der Abteilung Gesang einmal meinte, Dietrich Fischer-Dieskau sei kein großartiger Sänger, aber ein herausragender Interpret. Damals kam mir diese Ansicht geradezu blasphemisch vor, doch im Laufe der Jahre konnte ich der Einschätzung immer mehr abgewinnen. Mir gefiel die Unterscheidung – sprechen wir über die Stimme, also über Timbre, Register, Volumen etc. oder über Wandlungsfähigkeit, Gestaltungswillen, Überzeugungskraft? Aus allen einzelnen Facetten wird doch das Ganze, wie im richtigen Leben – oder etwa nicht? Wir haben allerdings – und das ist die gute Nachricht – keine Verpflichtung zur Objektivität, wenn wir jemanden verehren.
So geht es mir mit Mélanie Laurent und ihrem 2011 beim Label “Atmosphériques” erschienenen Debütalbum En t’attendant. Zwölf Lieder, überwiegend in einem rezitativisch-nachdenklichen Tonfall, versonnen und melancholisch. Das Album wirkt reif und ausbalanciert, ganz wunderbar. Mein Studienfreund würde vielleicht sagen, sie ist keine großartige Sängerin, aber eine gute Chansonnette. Mir wär’s egal. Ich bin bei Mélanie Laurent sowieso nicht objektiv, und das ist ganz in Ordnung so.
12. Mai 2016
Glaubhaftigkeit. Man muss eine Figur annehmen mit allen Stärken und Schwächen – ohne sich neben sie zu stellen und sie zu kommentieren. […] Man muss in die Haut der Figur schlüpfen. Dabei kommt man von der Distanz zur Nähe. Es geht darum, eine Figur völlig zu akzeptieren und in ihr aufzugehen. Das ist ein Prozess, den man jedes Mal neu durchläuft. Zuallererst wird die Partie intellektuell erschlossen. Man versucht, sie zu verstehen und mehr und mehr mit ihr zu verschmelzen. Man kann nicht naiv sagen, ich spiele jetzt mal den Hänsel. Das wird nicht funktionieren. Ich muss jeden Satz auf seine Wahrheit und das Warum abklopfen. Wer das nicht schafft, dem wird man nicht glauben. Ob in einem kleinen oder großen Opernhaus.
Waltraud Meier
Quelle: Mozartfest Würzburg, Magazin 2016. Das Gespräch mit Waltraud Meier führte Intendantin Evelyn Meining.
9. Mai 2016
Nachträglich zum gestrigen Besuch in Düsseldorf lese ich, dass Rimski-Korsakow Opern für “die im Grunde bezauberndsten und berauschendsten Lügen” hielt und erfahre, dass Märchen zeitlebens einen unwiderstehlichen Reiz auf ihn ausübten. Kein Wunder also, dass er seiner Oper Der goldene Hahn den Untertitel “Märchen mit Moral” gab und darin impressionistische Skalen, liedhafte Folklore und sinnlich-orientalische Klangfarben miteinander verschmelzen ließ. Das Libretto von Wladimir Bjelski nach Puschkins Märchen bot ihm dazu alle Möglichkeiten, und als Vertreter einer nationalen Schule mit eigener russischer Musik nutzte er diese weidlich aus.
Die Deutsche Oper am Rhein setzt das Stück grandios um – Regie, Bühnenbild, Kostüme, Sänger und Orchester bieten zweieinhalb Stunden pures Hör- und Sehvergnügen. Der goldene Hahn läuft am 15. Mai zum letzten Mal in dieser Spielzeit, danach als Wiederaufnahme in der Saison 2016/17.
7. Mai 2016
Der alte König Dodon bekommt von einem Astrologen einen goldenen Hahn geschenkt. Dieser soll das Reich bewachen und seine Stimme erheben, wenn Feinde und Gefahren drohen. Einige Zeit später muss Dodon in den Krieg ziehen und verliert dabei seine beiden Söhne. Eine schöne Frau erscheint und gibt sich als Zarin von Schemacha aus. Dodon verliebt sich in sie und kehrt mit ihr zusammen in die Hauptstadt zurück. Dort verlangt der Astrologe die schöne Zarin als Lohn für den Hahn. Dodon weigert sich, den Lohn zu zahlen und erschlägt den Astrologen. Der Hahn tötet daraufhin den Zaren durch einen Schnabelhieb und verschwindet mit der hohnlachenden Schemacha. Das Volk bleibt ratlos zurück. Wie soll eine Zukunft ohne Herrscher aussehen?
Ein philosophisches Märchen für Erwachsene, eine groteske Gesellschaftssatire, eine erotische Komödie – die Deutsche Oper am Rhein spielt Der goldene Hahn von Nikolai Rimski-Korsakow und wirbt mit den wiedergegebenen Bezeichnungen für ein auf deutschsprachigen Bühnen nicht allzu oft gespieltes Stück. In der Oper, die in ihrer Handlung auf das gleichnamige Märchen von Puschkin zurückgeht, wird ein engstirniges zaristisches System ad absurdum geführt. Das konnte den offiziellen Behörden zur Zeit der Entstehung natürlich nicht gefallen. Rimski-Korsakow verbrachte seine letzten Lebensmonate im Kampf mit der Zensur. Eine gedruckte Ausgabe und eine Aufführung des Goldenen Hahns waren verboten. Rimski-Korsakow starb 1908, die Uraufführung fand ein Jahr später in Moskau statt. Ich sehe eine Aufführung der Deutschen Oper am Rhein morgen Nachmittag in Düsseldorf.
6. Mai 2016
Mein Lieblingsfilm mit Marilyn Monroe ist Niagara (Regie Henry Hathaway, USA 1953). Die New York Times schrieb damals, dass 20th Century Fox neben den bekannten sieben Weltwundern zwei weitere entdeckt hätte – die Niagarafälle und Marilyn Monroe, und die Aussicht sei in beiden Fällen atemberaubend. Die Katholische Filmkritik befindet unfreiwillig komisch, der Film zeige ein “amerikanisches Ehedrama mit geschickter Verwendung von Naturschönheiten. Einstufung: Für Erwachsene, mit Vorbehalten.”
Kiss, das zentrale Lied des Films und Vorlage für den monothematischen Einsatz der Filmmusik von Sol Kaplan, wurde komponiert von Lionel Newman (Musik) und Haven Gillespie (Text). “There is no other song”, sagt Marilyn in einer zentralen Szene des Films. Kein Einspruch.
4. Mai 2016
Der künstlerische Leiter der Göttinger Händel-Festspiele, Laurence Cummings, meinte kürzlich in einem Interview, dass die barocke Da-Capo-Arie mit der Wiederholung ihres A-Teils heutzutage für den Konzertbetrieb kein Problem mehr darstellt. Wir wüssten mittlerweile viel mehr über Verzierungen als früher, und damit seien Wiederholungen jetzt aufregender, so seine Schlussfolgerung. Darüber hinaus, so ein weiterer Gedanke Cummings’, konzentrierten sich die heutigen Barockorchester darauf, bestimmte Aufführungsbedingungen wieder herzustellen, und möglicherweise würde das Publikum genau das lieben – eine Zeitreise, eine Verbindung zur Vergangenheit.
Das mag ja alles sein. Trotzdem ist etwas anderes entscheidend: Es gab zu allen Zeiten gute und schlechte Musik – und ebenso aufregende oder langweilige Gestaltungen und Interpretationen. Nicht nur Barockmusik wurde und wird viel zu häufig uninspiriert und anämisch gespielt, für Musik aller anderen Epochen gilt dies ebenso. Und wer als Konsument tatsächlich so weit geht, beim Kartoffelschälen Mozart, Brahms oder Debussy zu hören, der sollte sich mit B- oder C-Ware bescheiden. Anders geht es auch nicht! Wird die Musik nämlich aufregend, begeisternd, packend, ja verstörend gespielt, dann muss die Suppe verbrennen. So ähnlich hat es Nikolaus Harnoncourt einmal gesagt. Und noch etwas: Es geht gerade in der Barockmusik nicht zuallererst um Töne, um irgendeine technische Brillanz, um neue oder alte Instrumente, sondern darum, dass die Interpreten diejenigen sind, die den kompositorischen Schaffensprozess zum Abschluss bringen. Ohne Fantasie keine Schönheit, ohne Kreativität keine Kunst.
2. Mai 2016

Morgen wollen wir im Vormittagskurs den Einstieg in das sinfonische Werk von Anton Bruckner finden. Das wird ein bisschen Zeit in Anspruch nehmen, denn immerhin haben wir es mit insgesamt zehn Sinfonien zu tun, die eine zum Teil sehr weit entwickelte Klangsprache aufweisen. Es ist gut möglich, dass sich eine Diskussion entspinnen wird zum Thema Wirkung, zu Größe und Umfang, anders verstanden als Schwere und Monumentalität. Wir werden darauf zu sprechen kommen, welche Bedeutung der Nationalsozialismus Bruckners Musik zuteil werden lässt, insbesondere für propagandistische Zwecke. Und schließlich: Wer ist dieser Mann, der seine 7. Sinfonie König Ludwig II., die 8. Sinfonie Kaiser Franz Joseph und seine 9. Sinfonie dem lieben Gott widmet? Der sein Leben lang schriftliche, erfolglose Heiratsanträge verfasst, vorzugsweise an junge Frauen um die 20? Für die Betrachtung seines Œuvres ist das nicht unerheblich. Vielleicht hat in der Tat eine explosive Mischung aus militantem Katholizismus und sexueller Unterzuckerung das Entstehen dieser massiven, gewaltigen Klangflächen begünstigt, wer weiß. Jedenfalls geht eine eigenartige Wirkung von Bruckners Musik aus, und nur die wenigsten lässt sie kalt, so oder so.
1. Mai 2016
30. April 2016
Gedankensplitter
Wer in einer Sprache angeredet wird, die er/sie nicht gelernt hat, kann nicht wissen, ob das Gesagte bedeutsam oder sinnfrei ist.
In eben dieser Situation befinden sich die meisten beim Betrachten von Bildern und beim Hören von Musik, wenn diese (Bilder wie Musik) nicht hinreichend “vorgekostet“ worden sind.
Dieter Mulch
28. April 2016
Seit ein paar Jahren werden auf deutschen Bühnen wieder häufiger Opern der französischen Romantik aufgeführt. Werke von Gounod, Meyerbeer und Massenet tauchen seit längerem auf Spielplänen deutschsprachiger Theater auf, Stücke von Bizet, Berlioz und Saint-Saëns ohnehin. Doch Opern von Boieldieu, Halévy, Thomas oder Auber waren bisher eher seltener zu finden. Umso schöner, dass sich seit geraumer Zeit einige Häuser – auch kleinere – daran machen, diverse Schätze zu heben. Das Stadttheater Gießen erfreut in der laufenden Spielzeit sein Publikum mit Boieldieus Die weiße Dame, das Nationaltheater Mannheim führt Halévys La Juive (Die Jüdin) auf, übrigens ein von Wagner, Verdi und Mahler hochgelobtes Stück und bis zur Zeit des Nationalsozialismus ein Reißer in deutschen Musiktheatern. Und Achtung!, das Theater für Niedersachsen Hildesheim spielt im Mai und Juni Fra Diavolo von Auber. Wunderbar! Und viele weitere Werke warten darauf, der Vergessenheit entrissen zu werden. Machen wir uns klar, dass allein Massenet über zwanzig Opern geschrieben hat, wir aber bestenfalls Werther und Manon kennen, dazu vielleicht die Meditation aus Thaïs und eine Arie aus Le Cid ! Alle Entdecker, Ausgräber und sonstigen musikalischen Trüffelschweine wollen wir ermutigen, auch weiterhin vergessene Werke aufzuspüren und diese ins Rampenlicht zu stellen. Nicht wenige von ihnen haben es wahrlich verdient.
24. April 2016
Die Liebe betrügt uns nie. Wir sind es, die die Liebe betrügen.
Aus dem Programmheft von “La Calisto” von Francesco Cavalli, Staatstheater Darmstadt
Diesen Sätzen haben wir eigentlich nichts hinzuzufügen. Doch jenseits des Inhaltlichen wollen wir hervorheben, dass den Darmstädtern eine kreative und fantasievolle Koproduktion mit der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main gelungen ist. Humorvoll und charmant, bisweilen auch versonnen und nachdenklich wird allen möglichen und unmöglichen Verwicklungen der göttlich-menschlichen Liebesgeschichte nachgespürt. Jupiter, Juno, Merkur, Diana, Calisto, Endimione, Satyr und Pan – sie alle können sich Amors Pfeilen nicht entziehen bzw. kapitulieren vor den Auswirkungen der liebesgöttlichen Launen. Bühne, Kostüme und Regie wirken einfallsreich und schlüssig, die Sängerinnen und Sänger – die allermeisten Gesangsstudierende der Frankfurter Hochschule – finden zu einer geschlossenen, homogenen Ensembleleistung. Hin und wieder, vor allem im 1. Akt, loten die Instrumentalisten den emotionalen Ausdrucksgehalt der Musik zwar nicht vollständig aus, doch dafür gelingt der Schluss berührend schön und wirkt bis weit in den langen Schlussapplaus hinein nach.
22. April 2016
In London wird im Juni das erste Nacktrestaurant eröffnet, es gibt bereits über 10.000 Reservierungen. The Bunyadi legt Wert auf die Information, dass den Gästen das unbekleidete Dinieren freigestellt ist – es gibt einen separaten Bereich für diejenigen, die lieber angezogen speisen. Ansonsten sorgen Abtrennungen für Diskretion, Fotografieren ist verboten. Seine Gäste sollen die “wahre Freiheit” erleben, sagt Restaurantgründer Seb Lyall. Es gibt vegane und nichtvegane Gerichte, serviert auf handgetöpfertem Geschirr. Die Gäste sitzen auf Baumstämmen und bekommen Bademäntel, welche gefaltet und auf den Sitz gelegt werden können. Ob es Tafelmusik geben wird – möglicherweise als naked performance – ist nicht bekannt.
20. April 2016
“Wir haben keine Auswärtsschwäche. Wir haben eine Ergebnisschwäche in Auswärtsspielen.” Mit diesem Satz hat sich der Fußballer Christian Gentner als feinsinniger Beobachter der deutschen Sprache zu erkennen gegeben, wie schön. Er hätte hinzufügen können, dass Gewerkschaften natürlich nicht die 35-Stunden-Woche fordern, sondern selbstverständlich an der 168-Stunden-Woche festhalten, während dieser jedoch nur 35 Stunden arbeiten wollen.
Öffentliche Musikschulen haben zunehmend das Problem, qualifiziertes Personal zu finden. Das hat mehrere Gründe, liegt aber hauptsächlich daran, dass die Verdienstmöglichkeiten (Achtung, polysemantische Falle – hier ist nur von Geld die Rede!) schlecht sind. Immer weniger Festangestellte, dafür mehr freie Mitarbeiter ohne den Anspruch auf Sozialleistungen. Diejenigen, die noch feste Arbeitsverträge haben, warten auf ausstehende Tariferhöhungen, leisten zum Teil unentgeltliche Mehrarbeit und verzichten auf Sonderzahlungen für zusätzliche Dienste. Unworte des Jahres: Kommunaler Sparzwang, freiwillige Leistung, Wiedervorlage. Welcher Berufsanfänger soll unter diesen Bedingungen in einer öffentlichen VdM-Schule seine Zukunft sehen?
Mittel- und langfristig wird sich zwangsläufig die Qualität des Lehrpersonals verschlechtern – es sei denn, die finanzielle Ausstattung der Musikschulen wird spürbar verbessert und die Schulen unterziehen gleichzeitig ihre Binnenstrukturen einer Effizienzprüfung. Flexibilität (nein, kein Euphemismus für Verschlechterung – im Gegenteil!) und Kreativität müssen auf die Agenda! Sehen wir in Veränderung zuerst Chancen, nicht Risiken! Nur so verhindern wir, dass Christian Gentner eines Tages sagt: “Wir haben keinen Musikschulniedergang. Wir haben einen Niedergang von Niveau und Qualität an Musikschulen.”
17. April 2016
Bei außergewöhnlichen Wasserständen, so heißt es, ist eine Schifffahrt durch die Loreley-Passage immer noch mit beträchtlichen Risiken verbunden. Die gefährlichsten Felsen im Fahrwasser sind zwar gesprengt, doch gibt es immer wieder Unfälle. Aus zuweilen ungeklärten Gründen kommt es zu Grundberührung, zum Ausfall von Antrieb und Steuerung. In der Folge müssen havarierte und manövrierunfähige Schiffe mit großem Aufwand wieder freigeschleppt werden.
Ein schönes Bild. Wenn unser Leben eine Schifffahrt ist, wie vielen Loreleys begegnen wir dann? Und bringt uns nur deren Gesang und Schönheit vom Kurs ab, oder gibt es noch andere “ungeklärte” Gründe für Steuerungsprobleme und Kontrollverluste? Warum genau werden wir manövrierunfähig? In Brentanos Ballade kommen die Rheinschiffer an den Felsenriffen zu Tode – so arg müssen unsere Lebenshavarien nicht enden, doch die Katastrophen bleiben sozusagen nicht im Schiffsrumpf stecken. Wir spüren sie an uns selbst, und sie sind uns anzusehen. Wählen wir denn im Wiederholungsfall die längere, umständlichere, aber sichere Route, vielleicht wenigstens teilkaskoversichert? Oder entscheiden wir uns wieder für das Unkalkulierbare, das Abenteuer, das Risiko? Loreley live, life for love. Oder war es umgekehrt? Wir könnten uns wappnen und außer unserem Schiff auch uns selbst einem Sicherheits-Check unterziehen. Die Frage ist, ob wir das wollen – und damit womöglich ein noch größeres Desaster einleiten. Immerhin, soweit haben wir verstanden: Wenn wir nicht wenigstens einen der von uns selbst gewählten Häfen sicher erreichen, liegt es wahrscheinlich nicht am Schiff. Und für ein Schiff ohne Hafen ist kein Wind der richtige. Aber das wusste schon Seneca.
14. April 2016
Buchungsbestätigung
Napoli, Teatro di San Carlo
Aida 28/07/2016 20.30
Poltrona III Settore – Intero
17 – 018
50.00 €
13. April 2016
Das Teatro San Carlo in Neapel ist eines der ältesten und angesehensten Opernhäuser der Welt. 1737 wurde es eröffnet, und zahlreiche Komponisten, Sänger und Dirigenten waren hier tätig. Donizettis Lucia di Lammermoor wurde hier uraufgeführt, Enrico Caruso hat als gebürtiger Neapolitaner hier gesungen, Riccardo Muti kommt immer wieder gern in seine Heimatstadt und natürlich auch in dieses wunderbare Opernhaus. Hier wird viel Wert auf ein makelloses Aussehen bei einer Opernaufführung gelegt, und die Einwohner machen ihrer Begeisterung sowie Enttäuschung nicht selten lauthals Luft. Es kann durchaus passieren, dass z.B. jemand “Endlich!” schreit, wenn auf Caravadossi in Puccinis Tosca im 3. Akt geschossen wird, wenn er schlecht singt. Bis zur Sommerpause stehen u. a. Madama Butterfly und Aida auf dem Programm. Karten sind noch erhältlich und mit € 50 für vordere Plätze nicht teuer. Und, von der Oper mal abgesehen, ist Neapel eine verrückte, aufregende Stadt mit sooo italienischem Leben – und bietet viel mehr als nur Pizza und Straßenverkehr ohne erkennbare Regeln. Andiamo, avanti!
11. April 2016

Im Rahmen der diesjährigen Dresdner Musikfestspiele (5. Mai – 5. Juni) wird Martina Gedeck am 11. Mai im Deutschen Hygiene Museum aus dem Leben George Gershwins erzählen. Dessen Musik habe etwas Lebensbejahendes, Mitreißendes, sagt die Schauspielerin und ergänzt, Gershwins Musik habe für sie stark mit dem amerikanischen Lebensgefühl zu tun. Die Musik, so sagt sie, besitzt Eleganz, Nonchalance, Begeisterung “über die vielen Möglichkeiten” und Melancholie. Es folgt der wichtigste Satz – auf die Frage, ob Gershwins Musik zeitlos sei oder eher Zeitgeschichte illustriere: “Seine Musik spricht – wie jede gute Musik – Geist und Sinne an, und das immer neu. Da gibt es keine zeitliche Begrenzung.”
Pause bis zum 10. April 2016
26. März 2016
Gestern habe ich im Staatstheater Wiesbaden die Premiere von Boris Godunow miterlebt. In einer schlüssigen, teilweise beeindruckenden Inszenierung von Christian Sedelmayer überzeugten starke Solisten, insbesondere Shavleg Armasi (Boris), Young Doo Park (Pimen) und Monica Bohinec (Marina), ein stimmgewaltiger Chor – die Ensembles aus Wiesbaden und Darmstadt hatten sich zusammengeschlossen – und ein differenziert aufspielendes Orchester unter der sicheren Leitung von GMD Zsolt Hamar. Kleinere Nachlässigkeiten in der Ausgestaltung einzelner Phrasen wollen wir hier nicht bemängeln, auch wenn Boris gerade in seinen melancholisch-versunkenen Momenten bei behutsameren Tempi eine wichtige Facette seines Gemüts stärker hätte akzentuieren können. Sei’s drum, der musikalische Eindruck war imposant, das Bühnenbild von Christian Sedelmayer und Pascal Seibicke eindringlich (vor allem in der Schankszene!), die Kostüme von Caroline von Voss fantasievoll, doch ohne Verleugnung gegebenen Lokalkolorits. Nach über vier Stunden viel Beifall und zahllose Bravo-Rufe, absolut berechtigt.
Vor Beginn der Vorstellung hatte ich meinen Mantel an der Garderobe abgegeben. Ich erhielt meine Marke, fragte nach der Gebühr und erfuhr, dass das Staatstheater mit Beginn der laufenden Spielzeit die Garderobengebühr abgeschafft hat. Sieh mal an! Zum Vergleich: Das Opernhaus Dortmund hat das Garderobenpersonal abgeschafft. Es gibt jetzt Spinde, wie im Schwimmbad (Einwurf 10 Cent, man bekommt die Münze zurück). Auch dort ist also die Abgabe der Garderobe gratis. Und die Garderobefrauen haben jetzt abends frei. Sie könnten in die Oper gehen. Aber wovon?
24. März 2016
23. März 2016
Die Osterferien werde ich unter anderem zum Aussortieren von Büchern, CD und DVD nutzen. Wer kennt das nicht – man hat so viel im Regal stehen und hört und sieht doch immer die gleichen Stücke. Wie im Restaurant, wo uns unzählige Vorschläge gemacht werden, und wir doch immer wieder nur aus drei, vier Gerichten unsere Wahl treffen. Ein probates Mittel ist das umgekehrte Ausschlussverfahren – was darf auf keinen Fall weg, sozusagen die erweiterte Top Ten für die imaginäre einsame Insel.
Ich schaue nach Komponisten – Monteverdi, Händel, Mozart, Brahms, Verdi, Debussy, Strawinsky – das darf natürlich alles nicht weg. Von Dirigenten wie Solti, Kleiber, Boulez, Harnoncourt oder Pappano behalte ich natürlich auch alles. Und von Stimmwundern wie Björling, Sutherland, Domingo, Hampson, Netrebko, Yoncheva und vielen anderen kann man doch nichts weggeben! Also wird das nicht groß was mit dem Aussortieren, das sehe ich schon…. Abwechslungsreicheres Hören und Sehen ist wohl die klügere Wahl – vielleicht wartet ja so einiges darauf, neu entdeckt zu werden! Also, auf geht’s!
21. März 2016
Gestern nach dem Abendessen erzählt mein Sohn John, dass er sich wieder mal den Faust mit Gründgens angeschaut hat. Er ist sowohl vom Stück als auch von der großartigen Darstellung des Mephisto durch Gründgens tief beeindruckt, was mich sehr freut. Ich sage, dass die Semperoper Dresden gerade Faust/Margarethe von Gounod spielt und frage, ob er nicht Lust hat sich das anzusehen. Tatsächlich ist er nicht abgeneigt. Daraufhin fragt Emily, meine Tochter, worum es im Faust eigentlich geht.
“Faust verkauft seine Seele an Mephisto”, beginne ich meine Erläuterung. “Er ist getrieben von einer unstillbaren Gier nach Leben, er will Jugend und Liebeslust zurück, er … -”
“Also so’ n Fantasy-Scheiß”, sagt Emily.
“So haben Goethes Zeitgenossen es vielleicht verstanden”, meint John und lacht.
“Fantasy-Scheiß würde ich nicht sagen”, sage ich kleinlaut. Emily grinst.
Die Gretchenfrage? Nein, lieber nicht.
18. März 2016
Für Freunde der Klaviermusik abseits ausgetretener Pfade ist jetzt im Helbling-Verlag eine bemerkenswerte CD-Ersteinspielung erschienen: Die Geisterszenen von Anselm Hüttenbrenner (1794 – 1868), ergänzt um die Geistervariationen von Robert Schumann (1810 – 1856), gespielt von der Pianistin Julia Rinderle.
Hüttenbrenner hatte in Graz seine Ausbildung zum Juristen abgeschlossen, bevor er in Wien Freund und Studienkollege von Franz Schubert wurde. Beide studierten bei Antonio Salieri, gemeinsam lernten sie Beethoven kennen. Schon zu Lebzeiten war Hüttenbrenner als Komponist, Pianist und Lehrer sehr geschätzt und angesehen. Zu seinem gesamten Œuvre zählen Opern, Messen, Requien, Kammermusik, Lieder sowie Chor- und Klaviermusik. Viele seiner Werke sind verloren oder verschollen. Aus heutiger Sicht, zumal im Vergleich mit Schubert, wollen wir die Einschätzung Peter Gülkes nicht unterschlagen, der Hüttenbrenner eine nur “mittlere Begabung” und einen “Charakter von provinziellem Zuschnitt” bescheinigt. Nun, neben einem Riesen ist jeder noch so groß Gewachsene klein. Was Sternstunden nicht ausschließt….
Die jetzige Veröffentlichung der Geisterszenen ist jedenfalls nicht nur aus editorischen Gründen von großem Wert. Eine gewaltige “Naturfantasie”, in Klang gegossene romantische Tonbilder – wir hören (und sehen) gewittriges Donnergrollen, Nebelschwaden, Gebirgsbäche. Der Zugang zu den 22 Szenen ist leicht, spontan und bereitet hinsichtlich des Schaffens assoziativer Bilder keinerlei Anstrengung. Julia Rinderle ruft die gesamte Palette ihrer pianistischen Gestaltungsmittel ab und beeindruckt mit spukhaften, halsbrecherischen Klangkaskaden ebenso wie mit idyllischer, kantabler Linienführung. Ein 56-seitiges, aufwändig gestaltetes und glänzend recherchiertes Booklet begleitet die sehr gelungene Einspielung.
17. März 2016
Ein heiterer Morgen. Blauer Himmel, kein Wölkchen. Die Vorhersage verspricht einen klaren Tag mit Temperaturen bis zu 13°. Dazu passend hören wir Brahms’ 2. Sinfonie, über die der Musikkritiker Eduard Hanslick 1878 schrieb, sie “scheint wie die Sonne auf Kenner und Laien”. Nichts Schweres, Unheilvolles haftet dieser Sinfonie an, es dominieren tänzerische Passagen und geradezu idyllische Abschnitte. Wir warten auf das NDR-Pausenzeichen. Da-di-di, da-di-dihi-da-daha. Carlos Kleiber dirigiert die Wiener Philharmoniker, elegant und unnachahmlich. Wirklich ein schöner Tag. Meteorologisch, musikalisch.
Auch sonst ist alles gut. Papst Franziskus übt scharfe Kritik an der Politik der Abschottung vor den Flüchtlingen, Hans-Ulrich Jörges vom Stern will zum selben Thema endlich Taten sehen, Frauke Petry boykottiert das ZDF-Morgenmagazin, Bayern München dreht ein verloren geglaubtes Spiel, Oliver Pocher und Sabine Lisicki sind kein Paar mehr. Alles gut.
15. März 2016
14. März 2016

Over The Top With Franz – die von David Alden 1997 für das Fernsehen inszenierte Fassung von Schuberts Winterreise mit Ian Bostridge (Tenor) und Julius Drake (Klavier) zeigt den schmalen Grat, auf dem sich eine visuelle Umsetzung der Partitur zwangsläufig bewegen muss. Nicht grundlos standen die Musiker den Fragen des Regisseurs nach Identität, Herkunft und Intention des Erzählers zunächst sehr skeptisch gegenüber. Wie hätte es auch anders sein sollen? Ein Liederzyklus, also ein Werk mit Text und Musik, kann und will ja gerade nicht alles sichtbar machen, sondern in Fantasien, Träumen und Sehnsüchten begründete und gleichzeitig dem eigenen Erleben und Begreifen entsprechende Gestaltungsräume schaffen. Sich der Mittel des Szenischen, des Opernhaften zu bedienen, bedeutete für beide Musiker einen mutigen, unkonventionellen Schritt, durchaus begleitet von Unbehagen und der Sorge, den eigenen künstlerischen Ansprüchen untreu werden zu können. Umso bemerkenswerter ist das Ergebnis der Zusammenarbeit – eine fesselnde, lange nachwirkende Darstellung menschlicher Einsamkeit und Verlassenheit. Wir sehen und hören das Werk heute Abend im Kurs.
12. März 2016
Heute mach ich mir kein Abendbrot. Heute mach ich mir Gedanken.
Wolfgang Neuss (1923 – 1989)
Chapeau!, trotzdem werde ich etwas essen, und zwar “Tartiflette”, das ist gebackener Käse mit Kartoffeln und Speck. Das kommt davon, wenn man ZEIT online liest. Das Gericht, so heißt es da, “ist kalorienmäßig gut geeignet, wenn man den ganzen Tag Ski fahren war oder auf dem Bau arbeitet. Aber […] es schmeckt auch sehr gut, wenn man den ganzen Tag herumgesessen hat und sich nur, wenn es gar nicht anders ging, erhoben hat.” Sehr praktisch. Ich will mich hier nicht darüber verbreiten, wie mein heutiger Tag ausgesehen hat. Nur soviel: Ski fahren oder auf dem Bau arbeiten war ich nicht.
10. März 2016
Wollten Sie nicht schon immer von einem Schwan geliebt werden? Von einem Goldregen verführt? Oder sogar endlich etwas mit Ihrer Vorgesetzten anfangen? Alles ist möglich, wenn Jupiter, der Gott aller Götter, Sie liebt, zumal im paradiesischen Arkadien…
Mit diesen Worten wirbt das Staatstheater Darmstadt für seine Produktion von La Calisto, eine der berühmtesten Opern von Francesco Cavalli (1602 – 1676). So genial sein Lehrer Claudio Monteverdi auf dem Gebiet des Dramatischen ist, so herausragend zeigt sich Cavalli im Melodischen. Die Entwicklung des Ariosen ist meisterhaft und bis ins Detail kunstfertig (eine der betörendsten Arien ist Endimiones “Lucidissima face”). Cavalli komponierte seine karnevaleske Verwechslungskomödie vor über 350 Jahren – mit berührenden Melodien und hinreißenden Arien. Und die Götter sind in Liebesdingen auch nur Menschen, wie schön! – Eifersucht, Ehekrise und Liebeskummer inklusive. In Kooperation mit der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt und gefördert von der Hessischen Theaterakademie, bringen die Darmstädter nun diese wunderbare Oper auf die Bühne. Premiere ist am 15. April.
8. März 2016
7. März 2016
Nikolaus Harnoncourt ist tot. Der große Dirigent, Autor, Musikphilosoph und Vermittler der “Klangrede” starb am Samstag im Alter von 86 Jahren, wie seine Familie am Sonntag mitteilte. Harnoncourt sei nach einer schweren Erkrankung friedlich im Kreis seiner Familie entschlafen, hieß es in einer Erklärung der Familie. “Trauer und Dankbarkeit sind groß. Es war eine wunderbare Zusammenarbeit”, schrieb seine Frau Alice im Namen der Verwandten. Harnoncourt hatte sich erst im Dezember aus gesundheitlichen Gründen vom Dirigentenpult zurückgezogen.
Damals sprach er in einer Botschaft an sein Publikum von einer “ungewöhnlich tiefen Beziehung zwischen uns am Podium und Ihnen im Saal”, freute sich über diese so lange währende “glückliche Entdeckergemeinschaft” und wusste: “Da wird wohl vieles bleiben.”
Trauer und Dankbarkeit sind groß – das gilt auch für uns, wenngleich in anderer Weise. Was wir ihm zu verdanken haben, ist unermesslich. “Musik muss die Seele aufreißen”, hat er einmal gesagt und verwies immer wieder auf die Bedeutung der Kunst für das menschliche Dasein. “Die Kunst ist die Nabelschnur, die uns mit dem Göttlichen verbindet, sie garantiert unser Mensch-Sein.”
4. März 2016
Vor ein paar Tagen haben wir “La Valse” besprochen – Maurice Ravels gnadenlose Zerstörung musikalischer Walzerseligkeit, Abbild des Desaströsen und fratzenhaftes, verzerrtes Aufblitzen ehemals heller und glänzender, jetzt finster und morbide erscheinender Farben. Vor dem Hintergrund der Bilder des Ersten Weltkrieges hören wir zahlreiche Vorahnungen der unaufhaltsamen Katastrophe – mit verschwimmenden Rhythmen und Harmonien, schmerzenden Dissonanzen und verstörenden Klangfarben. Das ganze Stück wirkt wie ein Albtraum, wie eine unkontrollierbare Zugfahrt, der wir nicht entrinnen können. Wie der Dirigent Stéphane Denève sagt, klingen Klarinetten, Celli und Kontrabässe “wie Erbrochenes, wirklich furchtbar”.
Die Berliner Philharmoniker haben das Werk beim Silvesterkonzert 2015 unter der Leitung von Sir Simon Rattle aufgeführt. Gut, niemand hat bisher die Qualität der New Yorker Philharmoniker unter Pierre Boulez erreicht (unbedingt die Aufnahme aus den 70er Jahren kaufen!), doch hätten wir uns trotzdem insbesondere das Brachiale, das Eruptive eindringlicher, schroffer, mutiger gewünscht. Nun, jedenfalls wurde das Konzert auf arte live übertragen und von Annette Gerlach moderiert. Während die Homepage des Senders das Stück zutreffend als “Walzer-Taumel, der am Ende vollends aus den Fugen gerät” charakterisiert, meinte Frau Gerlach sinngemäß “herrliche Walzer- und Champagnerklänge” zu vernehmen. Jemand hätte ihr das Stück vorher erklären sollen. In unserem Kurs sind noch Plätze frei.
2. März 2016
Ein guter Film hilft. Etwas Intelligentes lesen hilft. Jemanden treffen, der einem etwas Neues über das Leben erzählt. Das gibt mir die Kraft weiterzumachen. Und meine Kinder natürlich. Und Liebe. Liebe zwischen Mann und Frau. Ich glaube, Liebe ist das Einzige, wofür ich mich wirklich interessiere.
Laetitia Casta
29. Februar 2016
Leonardo DiCaprio hat seinen ersten Oscar gewonnen. Endlich, und vor dem Hintergrund seiner Glanzleistungen in diversen Filmen (Gilbert Grape, Titanic, The Departed, Aviator, The Wolf of Wall Street, The Great Gatsby, um nur einige zu nennen) absolut berechtigt. Der Film, für den er die begehrte Auszeichnung jetzt erhielt (The Revenant), gibt diese zwar eigentlich nicht her, aber so ist das im Leben. Dinge passieren spät, bisweilen zu spät, und nur selten ohne Grund. DiCaprio ist jetzt 41, die Filmwelt durfte also davon ausgehen, dass er nicht auf ewig leer ausgehen würde (es gibt prominente Beispiele, ich weiß). Trotzdem haftet diesem Oscar jetzt der Beigeschmack des Versäumten, ja der Ausdruck des Schuldbewussten an. Im Fußball wäre das ein unberechtigter Strafstoß nach zahllosen nicht geahndeten Fouls, eine gewissenhafte Konzessionsentscheidung, die den Anlass gesucht hat und wusste, dass es ihn geben wird. Der Ausgezeichnete wird sich dennoch freuen. Er hat den Preis mehr als verdient, nicht ausgerechnet jetzt, sondern schon längst, und das bei weitem nicht nur, wie David Hugendick auf Zeit online schreibt, weil keiner “so innerlich verwahrlost in eine leere Milchflasche pinkeln” kann wie er. Das ist launig geschrieben, aber verstellt den Blick. Leonardo DiCaprio ist ein sehr wandlungsfähiger, großartiger Charakterdarsteller. Und könnte der Oscar sich seine Akteure aussuchen, wäre die Wartezeit wohl deutlich kürzer ausgefallen.
27. Februar 2016
Gestern Abend im Staatstheater Mainz war ich früh genug, um der Einführung zu Rigoletto beizuwohnen. Dramaturg Lars Gebhardt lenkte die Aufmerksamkeit des Publikums dankenswerterweise auf einige wesentliche Aspekte, so z. B. die freie Entscheidung Gildas, sich für den Herzog zu opfern und für ihn in den Tod zu gehen. Üblicherweise wird die plausible Sichtweise Sparafuciles und Maddalenas – dass nämlich der Zufall die verkleidete Gilda den Tod finden lässt, da sie die erstbeste Person ist, die dem gedungenen Mörder über den Weg läuft – auch der Zuhörerschaft nahe gebracht. Wie wohltuend, dass die Mainzer Produktion (Inszenierung Lorenzo Fioroni) sehr deutlich werden lässt, dass Gildas Tod von ihr selbst bestimmt ist. Die vermeintlich Schwache, die Unerfahrene und von der Gesellschaft Ferngehaltene ist souverän und letztlich von allen handelnden Personen die stärkste. Hand in Hand damit geht die Zeichnung der Titelfigur. Rigoletto ist zu keiner Zeit in der Lage, den Fluch des Grafen Monterone (die Oper sollte ursprünglich “La Maledizione” heißen) und seine eigene Erinnerung daran richtig zu deuten. Unfähig, sein Verhalten zu ändern, hält er am Ende folgerichtig nicht seine vermeintlich so geliebte Tochter in den Armen, sondern steht ein paar Schritte von ihr entfernt, nach wie vor “blind im Inneren, gegenüber sich selbst und seinem Tun”, wie es im Programmheft sehr zutreffend heißt.
Die Inszenierung ist packend und liefert opulente Bilder. Es schneit, es brennt, es stürmt. Im zweiten Akt entledigen sich die Höflinge ihrer Kostüme (“wir spielen hier nur Theater”), ziehen sich später auf der Bühne wieder um, beobachten das Geschehen und schlagen sich sozusagen auf die Zuschauerseite. Clemens Schuldt, einer der vielversprechendsten Dirigenten Deutschlands der jüngeren Generation (er wird ab der Spielzeit 2016/2017 Chefdirigent des Münchener Kammerorchesters), beweist Sicherheit in der Wahl der Tempi, der Orchesterklang ist intensiv und dicht, trotzdem haben die Sänger alle Freiheiten. Werner Van Mechelen ist ein großartiger Rigoletto, sängerisch wie darstellerisch. Paul O’Neill (Herzog), Marie-Christine Haase (Gilda) Tamta Tarieli (Maddalena) und Hans-Otto Weiß (Sparafucile) sind in ihren jeweiligen Rollen glaubhaft und stimmlich sehr präsent. Mit Rigoletto gelang Verdi der endgültige Durchbruch als Komponist. Er selbst hielt das Werk für eines seiner gelungensten Stücke, die Uraufführung war ein überwältigender Erfolg. Die Mainzer zeigen in dieser Spielzeit, warum.
26. Februar 2016

Das Wasser, das du nicht trinken kannst, lass fließen.
Alexander Sergejewitsch Puschkin (1799 – 1837)
24. Februar 2016
Wir alle schleppen tonnenweise Ballast mit uns herum, aus der Art, wie wir erzogen wurden und aus unseren ersten Beziehungen. Wenn wir jemand Neues treffen, sind wir im Grunde schon total versaut. Für eine Weile gelingt es uns, dem anderen weiszumachen, dass wir gesund sind, aber ganz allmählich merkt der andere, dass mit dir etwas nicht stimmt. Wie soll das nur gehen mit der Liebe?
Judd Apatow (*1967, US-amerikanischer Filmregisseur, Drehbuchautor und Produzent)
Apatow ist mit Komödien seit 2004 kommerziell sehr erfolgreich. Gerade läuft die Netflix-Serie Love an, mit Paul Rust und Gillian Jacobs in den Hauptrollen. Apatows Protagonisten zeigen sich ungeniert, unromantisch, peinlich, sympathisch, ehrlich und machen weder einander noch sich selbst etwas vor. Die feine Ironie des Erzählstils entgeht uns nicht. Der Grat ist schmal, und das Konzept geht auf – wir lachen über die beiden. Und dann über uns selbst, hoffentlich.
23. Februar 2016
Ab der nächsten Woche beginnen wir ein neues Chorprojekt. Auf dem Programm stehen Vierstimmige Gesänge von Joseph Haydn, Chorlieder nach mittelhochdeutschen Texten von Harald Genzmer und Stücke für Sprechchor von Carl Orff. Über die Sprechchor-Stücke schreibt der Schott-Verlag, diese zeigten Möglichkeiten, das dichterische Wort als ein ursprünglich und wesenhaft Erklingendes zu verwirklichen. Die Sprache großer Dichtung von Sophokles / Hölderlin über Schiller, Goethe bis zu Klangspieletüden wird rhythmisiert oder von einem rhythmisch durchgestalteten Klanggrund getragen. Neben a-cappella-Sätzen stehen Einrichtungen mit Instrumenten, die den Ablauf gliedern und akzentuieren. Die Stücke für Sprechchor (Kammerensemble oder große Besetzung) sind Endformen sprachlicher Gestaltung.
Es stellt eine große Herausforderung dar, diese Stücke präsentabel zu erarbeiten. Ihr Vortrag verlangt rhythmische Sicherheit, Gefühl für Tempo, Puls und Metrum sowie eine gewisse deklamatorische Übung. Wir wagen so etwas zum ersten Mal, jedenfalls im Rahmen eines Chorprojektes. Aber wer singen will, muss sprechen können, i.e. die Regeln der Sprache kennen. Und da sind wir wieder: Musik als Klangrede, mit eigener Grammatik und verschiedensten Stilmitteln der Rhetorik. Wem dazu noch Sinn für Theater und Bühne gegeben ist, der wird seine helle Freude haben.
21. Februar 2016
“Alle 11 Minuten verliebt sich ein Single über parship.” Das wirft Fragen auf. Erstens, wie macht der das bloß? Zweitens, oder ist das gar nicht immer derselbe? Drittens, braucht es zur glücklichen Liebe nicht zwei? Gut, von glücklich war nicht die Rede. Viertens hat Parship 4,5 Millionen Mitglieder. Wenn sich jemand neu anmeldet, und sich alle 11 Minuten ein Single verliebt, kommt der dann in 8,5 Jahren dran? Oder anders gefragt, ist bei der genannten Anzahl an Mitgliedern wirklich in etwa 94 Jahren jeder bedient?
Wir wollen nicht kleinkrämerisch sein. Die Liebe ist doch was Schönes, mal im Ernst. Auch wenn sie tragisch endet, wie gestern wieder im Essener Aalto-Theater. Tosca liebt Cavaradossi, ganz ohne parship, jedenfalls war keine Werbung zu sehen. Scarpia hat’s wie in jeder Vorstellung bei der Schönen versucht, aber wie immer erfolglos und obendrein tödlich. Doch Vorsicht, statistisch gesehen ist auch er irgendwann dran. Tosca ist dann alt und grau, aber darum geht es nicht. Ein neuer Regieansatz könnte alle überleben und ihre Premium-Mitgliedschaften vorzeitig beenden lassen. Wie so viele vor ihnen, statistisch alle 8 Minuten. The parship-theater proudly presents….
19. Februar 2016
Wetzlarer Neue Zeitung, 19. Februar 2016
Brillant und lehrreich zugleich
Abschlusskonzert des Chorprojektes der Musikschule in Naunheims Kirche
von Andreas Müller
Wetzlar-Naunheim. Zu einer geistlichen Abendmusik hatte die Evangelische Kirchengemeinde Naunheim in Zusammenarbeit mit der Wetzlarer Musikschule in die evangelische Kirche Naunheim eingeladen. Thomas Sander, Leiter der Wetzlarer Musikschule, hatte das Projektensemble und den Projektchor sehr gut vorbereitet. In einem Benefizkonzert für die Kinder- & Jugendförderung stellte er Vokalmusikmusik des Hochbarock Instrumentalmusik der frühen Moderne gegenüber. Im Instrumentalensemble, besetzt mit drei Violinen, Bratsche, Cello und Kontrabass, spielten Dozenten der Musikschule mit Musikern anderer Ensembles zusammen. Die sechs Musiker waren optimal aufeinander eingespielt und harmonierten sehr gut. Sowohl als Begleitung und Stütze des Chores als auch bei den „Fünf Stücken für Streichorchester“ op. 44/4 von Paul Hindemith demonstrierten sie großes musikalisches Können und sorgten mit ihrem feinsinnigen Spiel für ein besonderes Klangerlebnis. Der Projektchor, bestehend aus 22 Sängern, hatte seit November geprobt.
Thomas Sander gab zu Beginn, aber auch immer wieder zwischen den einzelnen Stücken, wertvolle Erklärungen zu den Stücken und den Komponisten und wies außerdem auf Besonderheiten der Kompositionstechniken hin. So konnten sich die Zuhörer sehr gut auf die einzelnen Stücke einstellen. Rosenmüller hat seine Werke in schlichter Klangtechnik, aber mit großer Ausdrucksschönheit ausgestattet, erklärte Sander. Rosenmüller war für den Posten des Thomaskantors in Leipzig vorgesehen. Aufgrund des Vorwurfes der Päderastie wurde er es dann aber nicht. Sozusagen als Kontrapunkt zwischen die Barockgesänge stellte Sander immer die gleichen zwei Sätze (1. Satz: Langsam; 2. Satz: Langsam. Schnell) aus Hindemiths „Fünf Stücken für Streichorchester“. Über Hindemith wusste Sander zu berichten, dass er sein Publikum mit ungewohnten Klängen oft verschreckt habe. In Nazi-Deutschland durfte er schließlich nicht mehr gespielt werden, worauf Hindemith zunächst in die Schweiz, später in die USA auswanderte. Hindemith habe viel von „Gebrauchsmusik“ gehalten, berichtete Sander über den hessischen Komponisten. Er habe Musik begreifbar machen wollen. Sowohl Laien als auch Profis sollten Verständnis für die Musik erlangen. Um dies dem Naunheimer Publikum zu erleichtern, griff Sander zu dem Trick der Wiederholung. Somit war der Wiedererkennungseffekt gegeben und die Zuhörer konnten sich besser in diese Musik hineinhören.
Das erste Hindemith-Stück stand in einem ruhigen 4/4-Takt. Parallel zu den Gesangsstücken aus dem Barock wechselte auch das zweite Hindemith-Stück von einem langsamen Viertel-Takt in einen schnellen 3/2-Takt. Die Streicher intonierten sehr melancholisch und unterstrichen deutlich betonte Noten. War der erste Choral von Rosenmüller, „Alle Menschen müssen sterben”, in Moll notiert, steht der zweite „Nun Gott Lob, es ist vollbracht“ in Dur. Sander erklärte, dass damit musikalisch die Textstelle „jauchzen und springen“ und die Hoffnung, was nach dem Tod kommt, umgesetzt wurde. Er nannte Rosenmüller einen Klangmagier in der Übertragung von Bildern in Musik. Bei seinem Dirigat versank er tief in der Musik, ging förmlich in ihr auf und modulierte die Klänge mit seinen Bewegungen. Nach der dritten Wiederholung von Hindemith folgte ein sehr schlichter, dritter Begräbnisgesang.
Den Abschluss des Konzertes bildete der Schlusschor aus dem Oratorium „Jephte“ von Giacomo Carissimi (1605-1674). Dieser war als Lehrer sehr geschätzt. Sein berühmtester Schüler dürfte wohl Marc-Antoine Charpentiere gewesen sein, aus dessen „Te Deum“ die berühmte Eurovisions-Fanfare stammt. Carissimi baut im Schlusschor die Stimmen nacheinander bis zur Sechsstimmigkeit auf und sorgt in den drei Takten von Jephtes Wehklagen für eine im Barock ungewöhnliche Anhäufung von Dissonanzen. Mit langem Applaus dankten die Zuhörer für das besondere Konzert.
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… freut mich sehr, gerade heute – am 135. Geburtstag von Armin Knab.
16. Februar 2016
Die Schweizer Resilienzforscherin Professor Pasqualina Perrig-Chiello von der Universität Bern erforscht die Gründe dafür, warum es einigen Menschen besonders gut gelingt, gravierende Schicksalsschläge zu verarbeiten und hat dabei eine ganze Reihe von Charaktereigenschaften ausgemacht, die widerstandsfähige Menschen kennzeichnen. Optimismus, Humor und Dankbarkeit für das Schöne im Leben gehören dazu, ebenso die Fähigkeit, Gefühle wahrzunehmen, ohne sich von ihnen überwältigen zu lassen. Vor allem aber ist es die Lust daran, das eigene Leben selbst zu gestalten. Pasqualina Perrig-Chiello: “Resiliente Menschen nehmen ihr Leben kreativ, mutig und lösungsorientiert in die eigene Hand. Sie sind entscheidungsstark und verfolgen ihre Ziele sehr engagiert. Wenn sich ihr Leben verändert, können sie ihre Ziele aber auch anpassen.”
Alles richtig, aber geht es auch ein bisschen konkreter? Was ist mit Musizieren, Chorsingen, Theater- und Opernbesuchen? Das Leben kreativ, mutig und lösungsorientiert in die eigene Hand nehmen, das eigene Leben selbst gestalten – was ist das anderes? Unbekanntes Terrain betreten, entdecken, erobern! Emotionen spüren, kennenlernen, ihnen nachgeben! Bedürfnisse und Sehnsüchte erkennen, Risiken eingehen und Ziele anpassen – ja, bei letzterem sind wir gebrannte Kinder und verbinden mit “Anpassung” steigende Gebühren oder sinkende Renditen, jedenfalls nichts Positives – aber wer untersagt uns, Ziele nach oben zu korrigieren und höher hinaus zu wollen? “Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit”, hat Karl Valentin einmal gesagt. Resiliente Menschen haben es also nicht leicht, aber gut. Wenn das kein Ziel ist!
14. Februar 2016
Gestern haben wir in der Evangelischen Kirche Wetzlar-Naunheim unser Chorprojekt mit einer “Geistlichen Abendmusik” zum Abschluss gebracht. Auf dem Programm standen drei Begräbnisgesänge von Johann Rosenmüller, der Schlusschor aus Jephte von Giacomo Carissimi und zwei Sätze aus Fünf Stücke für Streicher 0p. 44/4 von Paul Hindemith. Ich habe dem Publikum, wie ich es gern tue und auch immer wieder dazu ermutigt werde, Erläuterungen zur Musik gegeben – zu historischen und biografischen Hintergründen, zu Satztechniken, zum Wort-Ton-Verhältnis und manchem mehr. Unter anderem sprach ich über die Taktwechsel in den Chorälen – über den Platz für Trauer und Klage in den geradtaktigen ersten Abschnitten, über Erlösungs- und Seligkeitsversprechen in der jeweils folgenden Tripla.
Binnen weniger Tage habe ich jetzt zwei Interviews mit Roger Willemsen gesehen, beide aus dem letzten Jahr, kurz vor seinem 60. Geburtstag, aufgenommen zu einem Zeitpunkt, als er seine Krebsdiagnose noch nicht kannte. Im Gespräch mit Juri Steiner spricht er über die normale, dem Alter entsprechende körperliche “Materialermüdung” und sagt, dass er diesbezüglich keine großen Dramen auf sich zukommen sieht. Dann ergänzt er, dass er ein “stark reduziertes Interesse an der Zukunft” hat und beschließt das Interview mit der Antwort auf die selbstgestellte Frage, wer er sei: “Ein Entflammter, ein Vermittler.”
Nach einer Woche ist sein Tod für mich immer noch unwirklich. Seine Rhetorik, seine Erzähl- und Fabulierlust sind vielfach bestaunt und gerühmt worden, zu Recht. Mehr als das aber rühren mich seine empathische Leidenschaft und das tiefe Gespür dafür, was wirklich wichtig ist in diesem Leben. “Ich würde gerne glauben, aber ich kann nicht”, hat er einmal gesagt, und der Sinn des Lebens “besteht darin, die gegebene Frist sinnvoll zu nutzen. Nicht nur Spaß zu haben.” Wenn die Frist dann um ist, was ist mit einem Leben nach dem Tod? “Darüber kann ich nichts wissen, und das betrübt mich nicht.”
12. Februar 2016
Gestern fragt mich mein Sohn: “Papa, was ist der Unterschied zwischen einem Comedian und einem Kabarettisten?” Kurze Pause, dann gibt er die Antwort selbst: “Der Comedian macht es wegen dem Geld. Der Kabarettist macht es wegen des Geldes.”
9. Februar 2016
Die Nachricht vom Tode Roger Willemsens berührt mich sehr. Ich hatte das Glück, ihn persönlich kennenlernen zu dürfen, nach einer seiner Lesungen im Dortmunder Harenberg City-Center. Eine ganze Weile zuvor hatte ich ihm als begeisterter Zuschauer von Willemsens Woche meine John McEnroe gewidmete Court Music geschickt, für die er sich in einem handgeschriebenen Brief bedankt und versprochen hatte, mich in seine Sendung einzuladen, wenn McEnroe einmal zu Gast sein sollte. Nun saß er also am Autogrammtisch, und ich stellte mich vor. Er erinnerte sich sofort an die CD, an die Verbindung von höfischer Musik mit dem Tennissport und sagte, dass die Musik bei ihm immer mal liefe und ich ihm damit wirklich eine Freude gemacht hätte. Dann signierte er für mich mit sehr lieben Worten ein Exemplar seiner Deutschlandreise. Es ist lange her, und doch ist die Erinnerung daran sehr frisch. Gute Reise, Roger Willemsen!
5. Februar 2016
[…] Nur eine finanziell und ideell maximal aufgewertete Kultur- und Bildungspolitik wird in der Lage sein, die gewaltigen anstehenden Probleme der Flüchtlingswelle grundgesetzkonform und human zu bewältigen.
Ob dazu Figuren wie Bayerns Ministerpräsident in spe Söder (erhielt gerade irgendwie zu Recht den Orden wider den tierischen Ernst), ein verknorzter de Maizière, der Mehrwert-Steuermann Schäuble oder der Meinungs-Brummkreisel Gabriel die richtige Besetzung abgeben, darf stark bezweifelt werden. Für sie reduziert sich die diffus herbeigesehnte deutsche Leitkultur doch auf eine Art Wohlverhaltens-Knigge. Wer als Flüchtling sein Fahrrad falsch parkt oder eine deutsche Frau anguckt, wird verhaftet und ausgewiesen. Es lebe das deutsche Dschungelcamp-Kulturverständnis.
Theo Geißler in der nmz, Nr. 2/16
1. Februar 2016
Es gibt Bücher, denen man eine gewisse literarische Qualität nicht absprechen kann und die man durchaus gerne liest, doch für die der Begriff “große Literatur” zu hoch gegriffen wäre. So ist es mir jetzt mit Späte Einsichten von David Leavitt gegangen (im Original The Two Hotel Francforts, New York/USA 2013). Das Buch hat Originalität und zuweilen auch Witz, und doch bleibt eine ganz andere Passage haften, die eher versonnen-nachdenklich klingt und umweht ist von leiser Melancholie. Und für diese Stelle allein hat sich die Lektüre des ganzen Romans dann gelohnt.
[…] Meine große Schwäche ist, dass ich den Fluss der Zeit nicht akzeptieren kann. Ich will gegen das Verblassen der Erinnerungen durch die Zeit ankämpfen. Ein ganz und gar vergeblicher Versuch, weil – vielleicht hast du das auch bemerkt – gerade die Erinnerungen, die wir am häufigsten beschwören, am schnellsten verblassen und durch – wie soll ich sagen – durch eine Art Erinnerungsfiktion ersetzt werden. Wie ein Traum. Wohingegen die Dinge, die wir völlig vergessen haben und die uns nach dreißig Jahren plötzlich mitten in der Nacht überfallen, eine gespenstische Frische haben. […]
29. Januar 2016
Ich war siebzehn Jahre alt, als ich meine erste Wagner-Oper hörte. Ein Freund nahm mich mit in eine Vorstellung von Lohengrin an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf. Das war etwas vollkommen Neues für mich, der ich zuvor nur Opern von Cavalli, Händel, Mozart, Lortzing und Rossini gesehen hatte. Nun also Wagner, ich war sehr gespannt. Und mit welcher Wucht schlug dieses Werk ein! Ich war fasziniert von der Musik, natürlich sofort von diesem unglaublichen Vorspiel zum 1. Akt, das ja die ganze Handlung musikalisch zusammenfasst, extrem komprimiert und inhaltlich proportional zur gesamten Spieldauer der Oper. Begeistert war ich von den Sängern, dem Bühnenbild, dem Orchester mit seinen Blechbläsern, die ich noch nie auf diese Weise spielen gehört hatte.
Meine Eltern bekamen damals regelmäßig Besuch von einem passionierten Opernliebhaber. Er versorgte über Jahre die ganze Familie mit Opernquerschnitten, Sängerportaits, Messen, Kantaten etc., alles auf Langspielplatten und Musikkassetten. Am jenem Nachmittag, als ich Lohengrin sah, war er wieder einmal zu Gast und bemerkte meine Abwesenheit. “Thomas ist in Düsseldorf und sieht sich Lohengrin an”, sagten meine Eltern. “Wenn er wiederkommt, ist er Wagner-Fan”, so die Antwort. Genauso war’s und hielt auch eine Weile lang an.
Wir haben in dieser Woche im Opernkurs die Aufnahme aus der Bayerischen Staatsoper von 2009 gesehen (Bayerisches Staatsorchester, Nagano; Kaufmann, Harteros, Koch, Schuster, Fischesser). Natürlich bin ich bei Lohengrin sozusagen prädisponiert, aber wer bei diesem Stück unbeeindruckt bleibt (lassen wir ein paar Unverständlichkeiten der Inszenierung beiseite), dem hilft auch keine andere Wagner-Oper. Ein grandioses Erlebnis, mein lieber Schwan!
27. Januar 2016

Heute trinken wir Punsch, zu Mozarts 260. Geburtstag. Sein Lieblingsgetränk! Vielleicht gönnen wir uns einen Wachpunsch, so wie Constanze ihn am Abend vor der Uraufführung des Don Giovanni zubereitet hat, damit Wolfgang länger aufbleiben konnte. Es war ein gutgemeinter Versuch ihm Zeit zu verschaffen, denn Mozart war mit dem Komponieren im Rückstand. Er schlief trotzdem ein und musste am nächsten Morgen, also am Tag der Aufführung (!) noch die Ouvertüre komponieren und sämtliche Stimmen schreiben. Und so hat er’s auch gemacht, vermutlich mit müden Augen… Glückwunschpunsch!
20. Januar 2016
Der französische Film “Coco & Igor”, von Jan Kounen 2009 gedreht, mit der Musik von Gabriel Yared, erzählt die kurze, aber heftige Liaison zwischen Coco Chanel und Igor Strawinsky. Gestern war diese in sehr ästhetischen Bildern erzählte Geschichte wieder auf ZDFkultur zu sehen. Kounen beschäftigt sich weniger mit der Frage, was die beiden Protagonisten eigentlich verbindet, sondern lässt die Atmosphäre der Zeit aufleben. Er wählt jeden Drehort sorfältig aus, lässt jedes Ambiente stilgerecht wiedererstehen und scheut beim Abbilden großer Konzertszenen keinen Aufwand. Anna Mouglalis und Mads Mikkelsen sind sehr präsent, und doch, wie gesagt, wissen wir nicht so recht, worum es wirklich geht – um Spannung, um Erotik oder Leidenschaft, um Liebe? Der Schluss zeigt uns Strawinsky wieder allein, von seiner Ehefrau verlassen. In der letzten Szene sehen wir sein Bild, als Foto im Schlafzimmer von Coco, die ihren neuen Liebhaber empfängt. O Fortuna!
18. Januar 2016
Gestern Abend auf ARD-alpha: “Spötterdämmerung – Gespräche mit Friedrich Hollaender”, zum 40. Todestag des Künstlers (“Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt”). In Rainer Bertrams Film aus dem Jahr 1972 erzählt der damals 76-jährige Hollaender aus seinem Leben, über die vielen Menschen, denen er begegnet ist. Er hat mit zahlreichen Größen aus Film, Revue und Musical gearbeitet und war mit Schauspielern, Regisseuren und Produzenten, mit Kameraleuten und Musikern gut bekannt, mit einigen von ihnen eng befreundet. Wir hören fasziniert zu, wie er über die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg erzählt, über die 20er Jahre, die Berliner Kulturszene, später dann über die Zeit im amerikanischen Exil, auch über Hollywood. Besonders schön, hintersinnig und verschmitzt erzählt Hollaender, wie Marlene Dietrich eines ihrer Comebacks gibt. Sie ist also zurück, sagt er, nach Jahren der Abwesenheit ist sie also nun wieder da und posiert wie eh und je. Dann schaut sie sich das Ergebnis an und sagt zum Kameramann: “Na, da hast du mich aber gar nicht so schön fotografiert wie sonst!” Woraufhin der Kameramann antwortet: “Na, weißt du, Marlene, ich bin ja auch seit dem letzten Mal ein bisschen älter geworden.”
16. Januar 2016
Reichtum, Ansehen, Macht, alles ist unbedeutend und nichtig gegen die Größe des Herzens – das Herz allein ist das einzige Kleinod auf der Welt, in ihm wohnt das Glück.
Adalbert Stifter (1805 – 1868)
15. Januar 2016
Andreas Müller schreibt heute in einem Vorbericht in der Wetzlarer Neuen Zeitung über die 1. Wetzlarer Improvisationstage:
Abseits ausgetretener Pfade
1. Wetzlarer Improvisationstage vom 21. bis 24. Januar
Wetzlar. Musikfreunde, die sich gerne auch abseits ausgetretener Pfade bewegen, können nun in Wetzlar fündig werden. Denn vom 21. bis 24. Januar finden die 1. Wetzlarer Improvisationstage statt. Damit will das Kulturamt der Stadt gemeinsam mit der Musikschule neue Wege gehen. Kooperationspartner im ersten Jahr wird die Phantastische Bibliothek sein, deren Leiterin Bettina Twrsnick den Kontakt zum Trio “Mafare” hergestellt hat. “Wir haben nach etwas Einzigartigem gesucht, etwas, was es in der Region um Wetzlar weit und breit nicht gibt”, erzählt Thomas Sander, Leiter der Wetzlarer Musikschule und künstlerischer Leiter der Improvisationstage. “Die Musik soll natürlich im Mittelpunkt stehen”, erklärt er.
“Dabei wollen wir die Kunst der Improvisation in den Vordergrund stellen und zusätzlich zur Musik mit anderen künstlerischen Sparten kombinieren. Durch die Vernetzung sollen die Besucher ein neuartiges Hörerlebnis haben”, wünscht sich der Schulleiter. Mit Improvisation verbindet er die Kunst der Veränderung, Abwandlungen, Verfremdungen, Spiegelungen und das Spielen mit nichtmusikalischem Material. In der ersten Runde der neuen Reihe wird Musik mit Literatur einhergehen. Für die folgenden Jahre sollen dann andere Kooperationspartner ausgewählt werden. Die auftretenden Künstler kennt Sander persönlich oder hat sie auf Empfehlung ausgesucht.
Auftakt- und Abschlussveranstaltung werden in der Musikschule am Schillerplatz 8 stattfinden. Am 21. Januar um 19.30 Uhr wird dort Fine Kwiatkowski zu improvisierter Musik ihres Mannes Willehad Grafenhorst eine Tanztheaterperformance zeigen. Weil auch ein sakraler Baustein im Konzept sein sollte, wird Thomas Lennartz, Professor für Improvisation und Liturgisches Orgelspiel, am 22. Januar um 19.30 Uhr unter dem Titel “vORGELesen” auf der Domorgel Improvisationen durch die Jahrhunderte spielen.
Jazz und Poesie gibt es am Samstag, 23. Januar, um 19.30 Uhr in der Phantastischen Bibliothek, Turmstraße 20. Das Trio “Mafare” wird zusammen mit dem Künstlerpoeten Peter Assmann “Fantastic Jazz-Lit-Impro” präsentieren. Zum Abschluss des Festivals erwartet das Publikum am Sonntag, 24. Januar, um 11 Uhr wiederum in der Musikschule experimentelle Musik, inspiriert durch große Sinfonien. Gilda Razani und Hans Wanning werden mit “About Aphrodite” eine Verschmelzung aus akustischen Instrumenten und Elektronik vorführen. Der Eintritt ist frei, Spenden sind willkommen.
Übrigens: Thomas Sander berichtet zu den 1. Wetzlarer Improvisationstagen auch am Samstag, 16. Januar, um 17 Uhr in hr2 Kultur.
13. Januar 2016
Um ein tadelloses Mitglied der Schafherde sein zu können, muss man vor allem ein Schaf sein.
Ralph Waldo Emerson (1803 – 1882)
11. Januar 2016
Abends, zurück aus der Normandie. Noch berauscht von Cavalli und Lully, von Xerse gestern Abend im Théâtre Caen mit Le Concert d’Astrée, Emmanuelle Haïm und wunderbaren Sängerinnen und Sängern, vor allem dem Countertenor Tim Mead und der Sopranistin Emöke Baráth. Die Musik, ohnehin betörend, irisierend und von unverschämtem Charme, wird im Liebesduett der beiden zum Erlebnis für sämtliche Sinne. Und Cavalli, dieser Zauberer, findet Mitstreiter auf Augenhöhe: Emmanuelle Haïm entlockt ihrem Orchester nobelste Klänge, leicht und transparent, sinnlich, verliebt, verspielt. Haïms Dirigat ist hochvariabel, zuweilen schlank, knapp, dann fordernd und draufgängerisch, dann wieder zärtlich, behutsam und abwartend. Der Auftakt, mit beiden Händen von unten in Zeitlupe kommend, mit den Handinnenflächen nach oben, lädt das Continuo zum selbstgewählten Zeitpunkt des Einsatzes ein. Es folgen entrückte Klänge, sanft und zeitvergessen. Dann, zu den Ballettmusiken von Lully, positionieren sich die Instrumentalisten im ersten Rang, auf gegenüber liegenden Balkonen, zum doppelchörigen Musizieren. Die Rhetorik ist virtuos, wir können einstudierte Verzierung und spontane ornamentale Improvisation nicht unterscheiden. Wir wagen nicht uns zu rühren, werden in unserem Sessel immer kleiner und bestaunen die fantasievollen Choreografien der sechs Tänzer der Compagnie Leda. Nach vier Stunden ist das Fest zu Ende. Ein berührender, grandioser Abend.
Emmanuelle Haïm
7. Januar 2016
Am Vorabend zum Dreikönigstag ist Pierre Boulez im Alter von 90 Jahren gestorben. Wie ich gerade höre, hat Wolfgang Rihm – vielleicht nicht ganz zufällig – einen Vergleich mit den drei Weisen bemüht und gemeint, so sei nun also “der Letzte der Heiligen Drei Könige” gestorben (mit den anderen beiden dürfte er Stockhausen und Ligeti gemeint haben). Und Daniel Barenboim wird zitiert mit den Worten “Er (Boulez) hat mit dem Kopf gefühlt und mit dem Herzen gedacht”. Nun ja, was nach einem hübschen Bonmot klingt und die Besonderheit, wenn nicht die Einzigartigkeit von Boulez ausdrücken soll, ist in Wahrheit für Künstler nicht ungewöhnlich (und nicht nur für Künstler). Wir wollen nicht zuviel in so einen Satz hineingeben, aber spätestens seit Saint-Exupéry wissen wir doch, dass man nur mit dem Herzen gut sieht. Allerdings, das sei hier konzediert, war Pierre Boulez kein kleiner Prinz, sondern ein großer Musiker. Provokant, elegant, visionär, mutig, humorvoll. Er selbst verstand sich mehr als Komponist denn als Dirigent. Indes, sein “Jahrhundert-Ring” hat in den siebziger Jahren in Bayreuth und weit darüber hinaus größte Wellen geschlagen und die Wagner-Rezeption nachhaltig beeinflusst, ja signifikant verändert. Und seine Interpretationen der Werke von Igor Strawinsky und Maurice Ravel, letztere mit dem New York Philharmonic Orchestra, sind unerreicht und werden es lange bleiben.
6. Januar 2016
Auf Einladung des Hessischen Rundfunks bin ich am Samstag, 16. Januar um 17.00 Uhr in der Sendung hr2-kultur zu Gast. Ich werde mit Christiane Hillebrand eine Stunde lang über die 1. Wetzlarer Improvisationstage sprechen und dabei auch die Künstler mit ein paar Hörproben vorstellen. Was für eine schöne Gelegenheit, das Festival zu bewerben! In der Woche vor Beginn der Improvisationstage wird darüber hinaus ein Beitrag auf hr4 gesendet, ebenfalls mit Klangbeispielen und zwei kurzen, bereits aufgenommenen Interviews.
4. Januar 2016
Was ich wirklich sagen möchte ist, dass das, was die Welt braucht, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit ist. Jeder: Stars, Arbeiter, Schwarze, Juden, Araber – wir sind alle Geschwister. Bitte machen Sie mich nicht lächerlich. Ich habe nichts dagegen, Witze zu machen, aber ich will nicht selbst wie einer wirken.
Marilyn Monroe am Ende eines Interviews mit dem Life Magazin 1962. Es sollte ihr letztes sein. Sie starb – unter bis heute nicht völlig geklärten Umständen – am 5. August 1962.
Am 1. Juni 2016 würde Marilyn Monroe 90 Jahre alt. Für diesen Tag lade ich schon jetzt zu einer Hommage “Happy Birthday, Norma Jeane!” in den Konzertsaal der Wetzlarer Musikschule ein. Beginn ist um 19.30 Uhr.