Gesualdos Musik klingt, als würde ein hautwandiger Raum von selbst zu klingen beginnen. Das ist das einzige Selbstverständliche an dieser Musik, an der nichts „natürlich“, alles aber herrliche Willkür und außerordentliche Gewalt ist. Gerade hat der Principe noch mit dem Dolch in Leichen gestochert, schon setzt er peinvolle, subtile Kontrapunkte, die schönsten, die es gibt. Es bleibt ohne Beispiel.
Wolfgang Rihm

Gesualdo – Fürst, Mörder, Komponist heißt der Ballettabend, der am kommenden Samstag als künstlerische Spurensuche im Salzburger Landestheater Premiere haben wird. Es hat etwa 400 Jahre gedauert, bis die Madrigale von Carlo Gesualdo (1566 – 1613), Fürst von Venosa, 2013 in seiner Heimat Neapel wieder aufgeführt wurden. Selbstverständlich war auch hier bekannt, dass Gesualdos Musik weltweit bewundert und bestaunt wird. Doch nicht ohne ein gewisses Frösteln sprechen die Neapolitaner von dem berühmten Sohn ihrer Stadt, der in seinem Palazzo seine Frau und deren Liebhaber in flagranti erwischte und brutal ermordete. Es spuke bis heute in seinem Palast, so erzählt man, und Gesualdos Seelenqualen könne man in seiner Chormusik Takt für Takt nachspüren. Kaum eine Passage ohne harmonische Kühnheiten, unerwartete Wendungen und Taktwechsel. Das Werk eines Psychopathen, der sich nach der Tat auf sein Schloss zurückzog. Eine gerichtliche Untersuchung blieb ohne Folgen, denn Ehrenmorde unter Adligen wurden nicht gesühnt. Gesualdo mied fortan die Öffentlichkeit und komponierte den Rest seines Lebens atemberaubende Gesänge. Gesualdo – Fürst, Mörder, Komponist. Wer es am Samstag nicht bis Salzburg schafft, hat noch Zeit bis Mai 2017. Bis dahin gibt es siebzehn Vorstellungen.

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