Schön war’s! Ein bisschen nostalgisch, aus persönlichen Gründen. Wie vertraut einem doch ein Ort sein kann, nach so vielen Jahren! Mozarts Don Giovanni ist natürlich für ein Wiedersehen, besser gesagt für ein Wiedererleben das perfekte Stück, obwohl es darauf gar nicht ankommt. Die Gelsenkirchener haben ein sehr gutes, klangschönes Orchester, das von Yura Yang souverän geleitet wurde. Hinsichtlich der Gesangspartien blieben zwar ein paar Wünsche offen, doch der Gesamteindruck war positiv, was auch für das Bühnenbild gilt, ebenso wie für die Kostüme.
Mit zwei Tagen Abstand kann ich allerdings mit der Inszenierung auch nicht mehr anfangen als am Abend selbst. Ich glaube nicht, dass Leporello und Don Giovanni ein und dieselbe Person sind, dass der eine das Alter Ego des anderen ist. Deswegen glaube ich auch nicht, dass Leporello und Donna Elvira das eigentliche Paar der Oper bilden. Der Verweis auf Schnitzlers Traumnovelle wirkt bemüht und willkürlich. “In allen Wesen, die ich liebte, habe ich immer nur dich gesucht.” Schön und gut, doch Freud und Schnitzler lassen sich damit für beinahe jede Spielwiese als Kronzeugen heranziehen. Und natürlich bietet der Umstand, dass Leporello und Don Giovanni mehr oder weniger das gleiche Stimmfach teilen, eine Steilvorlage für alle möglichen Fantasieblüten der Regie! Kostümtausch, Rollentausch, Identitätstausch? Muss das “Who’s who?” des Don Giovanni neu geschrieben werden? Nein, muss es nicht! Masetto ist nicht der uneheliche Sohn des Komturs, und Zerlina ist nicht die Stiefschwester der Donna Anna. Nur Don Ottavio hat keinen Partner in gleicher Stimmlage – was haben sich Mozart und Da Ponte nur dabei gedacht?