Ein Dirigent sollte nicht zu viel reden, die Musiker mögen das nicht.
Andris Nelsons
Wahrscheinlich stimmt das. Der Dirigent ist der natürliche Feind des Orchesters, heißt es. Nur die wenigsten Orchestermusiker schätzen Erläuterungen. Wenn überhaupt, müssen Erklärungen kurz und knapp ausfallen, egal ob es sich um sachliche, technische Hinweise handelt oder um die Aufforderung, einen violetten Nebel zu spielen, wie Harnoncourt es einmal verlangt haben soll. Warum bloß? Weil Orchestermusiker irgendwann glauben, schon alles zu kennen? Jedes subito piano, jedes rubato, jeden Vergleich, jede Anekdote? Erfahrenes Orchester und junger Dirigent, ist das per se problematisch? Nein! Bernstein, Celibidache, Kleiber – sie alle haben erleben müssen, dass während ihrer Proben mit wirklich großen, namhaften Orchestern geredet, getuschelt und schlicht nicht zugehört wurde. Es ist keine Frage des Alters, es ist eine Frage des Benehmens! Zugegeben, es gibt unter Dirigenten auch Ich-Erzähler und Selbstdarsteller. Dann werden die Orchestergrabenkämpfe nonverbal während der Musik ausgetragen. Beim Speed-Dating entscheidet sich in den ersten sieben Sekunden, ob es funkt oder nicht. Bei Dirigenten und Orchestern sind es vielleicht sieben Minuten. Und wenn es gefunkt hat, darf der Dirigent auch reden. Nur nicht so viel.