Mit einer spektakulären Matinee von La Moresca gehen gestern die 2. Wetzlarer Improvisationstage zu Ende. Mit seinem Crossover-Programm “The Lady’s Cup of Tea” begeistert das Ensemble für Alte Musik sowohl Liebhaber höfischer Barockmusik als auch Anhänger irisch-keltischer Folklore. Technisch auf herausragendem Niveau, begleitet von Spielwitz und hoher Improvisationskunst bescheren die Akteure dem Publikum einen gleichermaßen eigenwilligen wie außergewöhnlichen Hörgenuss. Dazu stellen die Musiker in launigem Ton ihre Instrumente vor, darunter Theorbe, Erzlaute und keltische Harfe. Das Publikum hat nach über zwei Stunden noch immer nicht genug und erzwingt mit stürmischem, lang anhaltendem Beifall zwei Zugaben.
Etwa eine Stunde nach Konzertschluss erhalte ich diese SMS einer Besucherin: “Welch ein glücklich machender Sonntagmorgen. Hätte am liebsten gleich einen Flug nach Irland gebucht. Vielen Dank.”
An den zwei Tagen zuvor sorgen das Berliner Ensemble Bassa und die Gießener Gruppe QuadrArt für ungewohnte Klänge. Bassa präsentiert mit seinem Programm “Tango Azul” Tanzmusik auf der Grenze zwischen Komposition und Improvisation. Musik zur blauen Stunde, zu hören in Salons und Bars, nachts oder frühmorgens, traumverloren und melancholisch. Der Wetzlarer Schwarz-Rot-Club ist mit zehn Tanzpaaren vertreten. Ihnen ist das Vergnügen anzumerken, sich nach dieser besonderen Musik bewegen zu können. Das Publikum zieht es dagegen vor, lieber nur zuzuhören. Die Einladung zum Mittanzen schlägt es aus. Vielleicht ist die Musik einfach zu schön.
QuadrArt verzichtet bei seiner experimentellen Musik auf traditionelle Parameter wie Harmonie oder Melodie. Die Klänge sind stark rhythmisch geprägt und leben von einer großen dymamischen Bandbreite. Die Tonerzeugung ist zuweilen kalkuliert verrrückt. Klaviertasten werden auch schon mal mit der Nase betätigt, der Saxofonist bläst zwei Instrumente gleichzeitig, der Cellist streicht und zupft nicht nur, sondern reibt, streichelt und massiert. Dazu entstehen großformatige Leinwandbilder von Valentin Gerstberger mit unterschiedlichsten Farbkompositionen. Klangfarbe, Farbklang. Assoziative Bilder zu spontaner, im selben Moment kreierter Musik. Das Ganze geht über zweieinhalb Stunden, und zu jeder Zeit sind alle Malplätze besetzt. Wunderbar!