Gestern Abend, nach einem gelungenen Konzert zum Abschluss des letzten Chorprojektes, kam mir auf dem Heimweg ein Interview mit dem Dirigenten Kent Nagano in den Sinn. Kürzlich beklagte er in einem Gespräch mit spiegel-online gewisse Formen der heutigen Konzertpraxis und kritisierte Konsum und Ablenkung: “Heute gibt es Konzerte, während derer man Cocktails trinken kann, dazu gibt es Video-Einspielungen, das Licht bleibt an, damit man die Programme lesen kann; alles in der Hoffnung, dass die Konzerte unterhaltsamer werden. […] Wir leben in einer Zeit des Konsums. Alles wird konsumiert: Wein, Musik, das Fernsehen. Gleichzeitig wird alles kompakter, kürzer. Aber dadurch wird uns die Erfahrung von Komplexität und Vielschichtigkeit genommen. Und plötzlich verstehen wir die Welt nicht mehr. Dabei wissen wir alle aus eigener Erfahrung: Wenn es keine Ablenkung gibt, öffnet sich unsere Aufnahmebereitschaft für ein Gedicht, für ein Musikwerk, für Literatur. Natürlich war Unterhaltung immer ein Bestandteil klassischer Musik. Aber da ist eben noch unendlich viel mehr.” Ganz richtig, da ist eben noch unendlich viel mehr.