Gestern habe ich im Staatstheater Wiesbaden die Premiere von Boris Godunow miterlebt. In einer schlüssigen, teilweise beeindruckenden Inszenierung von Christian Sedelmayer überzeugten starke Solisten, insbesondere Shavleg Armasi (Boris), Young Doo Park (Pimen) und Monica Bohinec (Marina), ein stimmgewaltiger Chor – die Ensembles aus Wiesbaden und Darmstadt hatten sich zusammengeschlossen – und ein differenziert aufspielendes Orchester unter der sicheren Leitung von GMD Zsolt Hamar. Kleinere Nachlässigkeiten in der Ausgestaltung einzelner Phrasen wollen wir hier nicht bemängeln, auch wenn Boris gerade in seinen melancholisch-versunkenen Momenten bei behutsameren Tempi eine wichtige Facette seines Gemüts stärker hätte akzentuieren können. Sei’s drum, der musikalische Eindruck war imposant, das Bühnenbild von Christian Sedelmayer und Pascal Seibicke eindringlich (vor allem in der Schankszene!), die Kostüme von Caroline von Voss fantasievoll, doch ohne Verleugnung gegebenen Lokalkolorits. Nach über vier Stunden viel Beifall und zahllose Bravo-Rufe, absolut berechtigt.
Vor Beginn der Vorstellung hatte ich meinen Mantel an der Garderobe abgegeben. Ich erhielt meine Marke, fragte nach der Gebühr und erfuhr, dass das Staatstheater mit Beginn der laufenden Spielzeit die Garderobengebühr abgeschafft hat. Sieh mal an! Zum Vergleich: Das Opernhaus Dortmund hat das Garderobenpersonal abgeschafft. Es gibt jetzt Spinde, wie im Schwimmbad (Einwurf 10 Cent, man bekommt die Münze zurück). Auch dort ist also die Abgabe der Garderobe gratis. Und die Garderobefrauen haben jetzt abends frei. Sie könnten in die Oper gehen. Aber wovon?