“Wer nichts weiß, muss alles glauben”, sagt Marie von Ebner-Eschenbach. Das klingt ganz richtig, und ist es wohl auch. Die Frage aber, was wir wirklich wissen, beschäftigt nicht nur Philosophen seit Jahrhunderten und länger. Es geht nicht allein um Fakten: Beethovens “Egmont”-Ouvertüre steht in f-Moll und endet in Dur. Das ist die Realität, ganz einfach. Die Wirklichkeit dagegen hat eine Wirkung (sic!), die Spielräume lässt, nach Interpretationen verlangt, Erklärungen provoziert. Was wissen wir? Was glauben wir zu wissen? In Umkehrung des Eingangszitats könnten wir sagen, dass alles wissen muss, wer nichts glaubt. Komponiert Brahms in seinem Deutschen Requiem das Unwiederbringliche oder das Unaufhörliche? Geht der Film “Die leisen und die großen Töne” (En Fanfare, F 2024) gut aus oder nicht? Wir können von etwas überzeugt sein – auch so sehr, dass wir glauben, wir wüssten es. Es ist grundsätzlich nichts Schlechtes daran, an den Zweifel zu glauben. Und selbst das können wir in Zweifel ziehen, solange wir es nicht besser wissen.