23. 08.2024

Den Meisterregisseur spannend präsentiert

Gießen (jou). Die Begeisterung am Thema sprang bei einem vom Verein Frau und Kultur veranstalteten Vortrag im Netanya-Saal auf das zahlreiche Publikum über: Zum 125. Geburtstag von Alfred Hitchcock lieferte Thomas Sander ein Porträt des Ausnahmeregisseurs und stellte drei Filme näher vor.

Zunächst streifte der Referent die schwierige Kindheit des Filmemachers. Der habe ein schlechtes Verhältnis zum Vater gehabt, was seelische Spuren hinterlassen habe. Dass er einmal Regisseur werden sollte, schien bei dem kunstfernen Elternhaus kaum absehbar.

Mit 53 Filmen Maßstäbe gesetzt

Hitchcock habe in seinen 53 Filmen Maßstäbe gesetzt und viele Kollegen beeinflusst. Das Besondere sei, dass er durch den Film ein Kunstwerk schaffe, in dem »mehrere Disziplinen ineinandergreifen«. So experimentiere er mit Musik, Beleuchtung und Kameraperspektive, um die Zuschauer in Bann zu ziehen. Dabei herrsche immer Spannung und Tempo, betonte Sander.

Sander schärfte den Besuchern ein, auf Details zu achten. Hitchcock deutet vieles nur an. Dies führte der Referent auf die rigiden Vorschriften zur Entstehung 1960 zurück. Anzügliche Bilder würden bewusst vorenthalten, sondern vielmehr Illusionen erzeugt. Dabei gebe es eine Entsprechung in der Reduktion der Mittel auf der Bild- und Tonebene, wie Sander ausführte. Er erläuterte, wie das Streichorchester zunächst in hoher Lage spielt, bis die Violinen von Bratschen, Celli und Kontrabässen abgelöst werden und die Tonlage fällt. Dies unterstreiche, wie sich die Protagonistin erst gegen die Messerstiche wehrt, dann zusammensackt und schließlich am Boden liegt.

Komponist Bernard Herrmann schrieb auch die Musik zu »Der unsichtbare Dritte«. Für rhythmische Lebendigkeit sorge hier der pausenlose Wechsel zwischen betonten und unbetonten Noten im Fandango-Tanz. Auch in diesem Film arbeite Hitchcock mit Chiffren und sexuellen Anspielungen, etwa in der Schlussszene, wo das Liebespaar im Zug in einen Tunnel fährt. Besonderen Nervenkitzel bot die Straßenszene, in der Cary Grant von einem Flugzeug attackiert wird.

Sander gelang es auch in »Bei Anruf Mord« die Dramaturgie anschaulich zu beleuchten, beispielsweise wie verzögernde Momente die Spannung steigern. Dass der Film über weite Strecken im Appartement spiele, kompensierten raffinierte Kameraperspektiven. Der Protagonist gebe dem Auftragskiller genaue Instruktionen, um an das Vermögen seiner Ehefrau zu kommen, rechne aber nicht damit, dass sie den Einbrecher umbringt.

Im Ganzen vermochte der Referent die künstlerische Klasse der Hitchcock-Filme mit besonderem Augenmerk auf die Musik auf fesselnde Weise zu präsentieren und Lust zu wecken, die Werke komplett anzusehen.