Merkwürdigerweise gibt es in meinen Kursen, pauschal gesagt, eine gewisse Abneigung gegen sakrale Musik. Insgesamt kann ich mit Oratorien, Messen, Passionen und Kantaten kaum punkten. Vielleicht tun sich Atheisten, Agnostiker oder auch der Kirche gegenüber kritisch Denkende mit biblischen und geistlichen Texten schwer. Das mag sein, auch wenn in einem Hörkurs nicht theologische Aspekte, sondern andere Dinge im Vordergrund stehen. In Werken von Dufay, Bach, Mozart oder Verdi finden sich zuhauf meisterhafte Techniken, Textauslegungen und differenzierteste musikalische Ausdrucksmittel. Diese allerdings ändern sich mit den jeweiligen historischen Bedingungen! Warum schreibt Heinrich Schütz zu Anfang des 17. Jahrhunderts Musik für große Besetzungen, zumeist doppelchörig und für zahlreiche Instrumente, später aber fast nur noch für zwei Sopranstimmen und Basso continuo? Ja, richtig – der Dreißigjährige Krieg hatte die Männer dahingerafft, und es war schlicht niemand mehr da, der die vormals komponierte Musik hätte aufführen können. Also, es gäbe eine Menge zu lernen und spannende Zusammenhänge zu entdecken. Man muss nicht religiös sein, um sich für die Musica Sacra begeistern zu können. Wer nicht (mehr) an die große Liebe glaubt, kann notabene schmachtende Opernduette trotzdem toll finden.