Der griechische Philosoph Sokrates (469 – 399 v. Chr.) begegnete seinen Gesprächspartnern üblicherweise nicht mit fertigen Antworten, ebensowenig wollte er sie von bestimmten Thesen überzeugen. Sein Ziel war, den Anderen sozusagen zu einer Überprüfung seiner Gedanken anzuregen, um den eigenen Erkenntnisprozess in Gang zu bringen. Sokrates nannte dies Mäeutik, wörtlich “Hebammenkunst”, und verstand sich als eine Art Geburtshelfer, der “für die gebärenden Seelen Sorge trägt”, wie Platon es nennt. Der Geburtshelfer unterstützt den Erkenntnisprozess dabei nicht durch Belehrungen oder mit feststehenden Wahrheiten, sondern durch gemeinsames Suchen und hilfreiches Fragen.
Büste des Sokrates
römische Kopie eines griechischen Originals, 1. Jahrhundert
Louvre, Paris
Unsereins versteht sich zuweilen ebenfalls als Geburtshelfer, in den schönsten Momenten als musikalischer Erkenntnis- und Erlebnisbefähiger. Jeder hört anders, und “niemand erkennt, was er nicht selbst entdeckt”, wie Johannes Picht es formuliert. Manchmal ist es “eine schwere Geburt”, zugestanden, aber es lohnt sich.