Das klassische Wirtshaus, wo Karten gespielt wird, findest du ja fast nicht mehr. Früher bot ein solches Wirtshaus den Menschen, die wenig Geld hatten, eine Möglichkeit, sich aufzuhalten. Es gab mehr Wirtsfamilien, die hatten weniger Umsatzdruck als heute. Ins Café Neumaier am Münchner Viktualienmarkt, da sind sie sogar mit Hehna und sonstigem Geflügel nei, das war eine andere Welt. Man kann sagen, ich bin ein Nostalgiker, aber mir fehlt das schon manchmal, dieses Leben.
Gerhard Polt (79) in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung

Ich schließe mich diesem Verlustvortrag in vollem Umfang an – wo ich doch Wirthäuser und Gasthöfe so liebe! Doch die Klage ist weiter gefasst. Natürlich haben wir heute eBooks, und wir können beim Fernsehen mit seinen unzähligen Programmen einfach den Film anhalten, wenn das Telefon mit einer lustigen Melodie klingelt und wir wissen, es ist Tante Ilse aus Iserlohn. Wir haben digitale Waagen und Fieberthermometer, ja sogar das Flaschenpfand, gelbe Tonnen und bunte Klobrillen. Doch was häufig fehlt, sind emotionale und soziale Verlässlichkeiten. Die heutige Dominanz betriebswirtschaftlicher Sichtweisen, die von allem den Preis, aber von nichts den Wert kennen, haben kaum mehr den langen Atem, der uns früher, ohne dass es uns immer bewusst gewesen wäre, existenzielle Sicherheit und Entspannung gegeben hat. Wie sagt Gerhard Polt: Mir fehlt das schon manchmal, dieses Leben.