Wozu das Künstlergeschwätz, die endlosen Gespräche über Kunst, die Auseinandersetzungen in den Künstlercafés bis zwei Uhr nachts, wo man den lieben Gott in der hohlen Hand zu halten meint?
Auf dem Wege, inmitten dieses flachen Landes, habe ich die Empfindung, als hätte ich niemals etwas verstanden, niemals etwas gesehen, als kennte ich nicht mehr davon wie der schwarze Käfer, der über die Straße läuft und sich im Staube abmüht.
Vor einigen Tagen habe ich bei dem Direktor einer Kunstzeitschrift gesessen.
“Was halten Sie von den modernen Kunstrichtungen? Ist die Rückkehr zum Neo-Naturalismus eine Gefahr?” fragte er mich.
Am Ende der Straße senkt sich das Tal, und auf dem anderen Abhang liegt die kleine Stadt Nesles: Schieferdächer, grüne und rote Vierecke scheinen den blauen Himmel zu berühren und in ihm aufzugehen.
“Ist der Neo-Naturalismus eine Gefahr?”
Ungleich lieber hätte ich die einfache Frage gehört: “Wie finden Sie mein Dienstmädchen?”
Ich habe erfahren, dass es Augenblicke gibt, wo die Worte Seligkeit, Glück, Eingebung, Schwärmerei nichts mehr ausdrücken. Ich erinnere mich an innerlichst bewegte Minuten, da ich mich außerhalb der Zeit befand. Wenn dann jemand seine Hand auf meine Schulter gelegt und gesprochen hätte: “Sag’ einen Wunsch, verlange, was du haben möchtest. Willst du reich sein? Willst du ein Schloss haben? Dienerschaft? Oder Mitglied der Ehrenlegion werden?” würde ich antworten: “Nein, nichts, es kommt, wie es kommt…”
Die Straße weiter hinauf, in der Nähe des kleinen Tümpels, liegt der Friedhof. Die Gitterpforte ist immer geöffnet, den ganzen Tag scheint die Sonne darauf. Eine einzelne Tanne ragt über die Mauer. Kein Lärm stört die Ruhe der Ebene. Im Winter fliegen die Raben vorbei und im Sommer junge Rebhühner… und so wiederholt es sich immer…
Dort ruht mein Vater. Wie einfach das ist, er hat gelebt.
Wenn er mich hören könnte und ich ihn fragte: “Wünschest du etwas?”, würde er mir antworten: “Nein, nichts… jeder zu seiner Zeit. Im Augenblick bist du an der Reihe… Liebe das Leben… liebe es um seiner selbst willen…”
Maurice de Vlaminck (1876 – 1958), “Gefahr voraus!” Aufzeichnungen eines Malers. Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1930. Übersetzung von Jürgen Eggebrecht
Original: Tournant dangereux, souvenirs de ma vie