Die Autorin Sara Tomšić geht auf ZEIT online unter dem Titel “Erfahrungen machen ärmer” im weiteren Sinne der Frage nach, ob das Älterwerden wirklich gelassener macht oder eher desillusioniert. Sie stellt sich und uns die Frage, ob wir im fortgeschritteneren Erwachsenenalter abgeklärter und ruhiger werden, oder ob wir nicht vielmehr an Spontanität und Empfindungsintensität einbüßen. Tomšić sagt, dass man in jungen Jahren Ereignisse und Zustände unmittelbarer, so “ganz oder gar nicht” wahrnimmt und beurteilt. Jetzt, nach Jahren, so sagt sie, erleben wir die Dinge nicht mehr so “marianengrabentief”. Ein hübsches Wort (wird auch gleich von der Autokorrektur rot unterlegt), das uns sagen will, dass wir heute nicht mehr so zu erschüttern, nicht mehr so aus dem Gleichgewicht zu bringen sind wie ehedem. Das vermeintlich Gute daran vermag sie nicht zu erkennen, denn es lähmt, wie sie findet, unsere Lust, unsere Begeisterungsfähigkeit, unsere Risikobereitschaft. Wir haben verlernt, Dinge aus dem Moment heraus zu tun, ohne Gewissheiten. Stattdessen schauen wir auf das zu erwartende Ergebnis und wägen ab. Wir kommen mit allem zurecht, immerhin sind wir abgekämpft genug. Wie schade! Wäre es nicht viel schöner, wenn wir uns den jugendlichen Überschwang, das Unberechnete, das Fehlen jedes doppelten Bodens wieder zurückholen würden? Es wäre ein guter Vorsatz fürs Neue Jahr, auch wenn wir ein paar Wochen ohne Alkohol und weniger Fernsehen nicht geringschätzen wollen.