Heute Morgen musste ich an Herbert Wehner (1906 – 1990) denken, der politische Widersacher aus dem rechtskonservativen Spektrum schon mal als “patentierte Christen” oder “Zwangsdemokraten” bezeichnete. In den Hörfunknachrichten lief ein Beitrag über Kindergeldzahlungen, die vermehrt ins Ausland gehen bzw. an Empfänger, deren Kinder im Ausland leben, vorrangig in Rumänien, Bulgarien, Tschechien und Polen. In diesem Zusammenhang wurde die Forderung eines CDU-Politikers wiedergegeben, der eine Anpassung des Kindergeldes an die Lebenshaltungskosten in den jeweiligen Ländern gefordert hatte.

Herbert Wehner hätte vermutlich zunächst darauf erwidert, dass gegen Betrug in konkreten Fällen natürlich vorgegangen werden muss, z. B. wenn aufgrund von gefälschten Geburtsurkunden für Kinder gezahlt wird, die es gar nicht gibt. Doch dann hätte er wahrscheinlich seine oben zitierten Titulierungen bemüht und darauf hingewiesen, dass erstens die meisten ausländischen Arbeitnehmer/-innen in Deutschland sozialversicherungs-
pflichtig beschäftigt sind und auch hier einzahlen, und dass zweitens die finanzielle Größenordnung der beschriebenen Leistungen gegenüber dem Gesamtaufkommen aller Kindergeldzahlungen verschwindend gering ist. Er hätte wohl weiter betont, dass der Verwaltungsaufwand enorm wäre, abgesehen davon, dass eine Regelung nach dem Prinzip “für Rumänen weniger, für Schweden mehr” gesetzgeberisch problematisch wäre. Und, last but not least, was ist mit den Rentnerinnen und Rentnern, die sich wegen ihrer geringen Bezüge ein Leben in Deutschland nicht mehr leisten können und nach Osteuropa oder Asien ausgewandert sind? Müssen diese Menschen – wo wir schon mal dabei sind – künftig Rentenkürzungen befürchten, da sie ja jetzt mit viel weniger Geld auskommen können? Auf welche Ideen kommt der Mensch? Ist es vielleicht doch die Hitze?